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Plenarsitzung – Wohnraum (2), Ehrungen für Verdienste um Südtirol, ÖPNV

Anträge von Grünen und Freier Fraktion; Landesgesetzentwurf der Süd-Tiroler Freiheit zur Abschaffung des “Großen Verdienstordens” abgelehnt

Am Donnerstagnachmittag (11. September) wurde die September-Sitzungsfolge 2025 des Südtiroler Landtages mit der am Vormittag begonnenen Behandlung des Beschlussantrages Nr. 307/25 Wohnraum für Studierende (eingebracht von den Abg. Oberkofler, Foppa und Rohrer am 22.08.2025) fortgesetzt: Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen,
1. einen konkreten Zeit- und Finanzierungsplan zu erarbeiten, um in den kommenden fünf Jahren jährlich mindestens 50 zusätzliche Wohnheimplätze zu schaffen. Neubauten, Sanierungen und die Nachnutzung bestehender öffentlicher Gebäude sind dabei gleichrangig zu berücksichtigen;
2. Das Projekt für ein Studierendenwohnheim zwischen Siemens- und Voltastraße wieder aufzunehmen und in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Bozen, gemeinnützigen Bauträgern und der Freien Universität Bozen zu finanzieren und realisieren;
3. Modelle der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Wohnbauträgern und Organisationen des Dritten Sektors nach dem Vorbild österreichischer und deutscher Studierendenwerke zu prüfen und zu fördern;
4. ein Modell für einen „Wohnbonus“ zu errichten, mit dem Studierende monatlich finanziell entlastet werden;
5. bei der Planung und Zuweisung neuer Wohnheime ein fixes Kontingent von mindestens fünf Prozent der Plätze für PhD-Studierende vorzusehen, die derzeit keinerlei Zugang zu Wohnheimplätzen haben.
Zeno Oberkofler (Grüne) unterstrich in seiner abschließenden Stellungnahme die Wichtigkeit des behandelten Themas und ging auf einige Punkte der Diskussion ein. U.a. wies er darauf hin, dass die Situation für Studenten bereits derzeit äußerst schwierig sei - unabhängig davon, ob man neue Fakultäten und Studienrichtungen einführt. Ein Paradigmenwechsel sei notwendig: Studentenheime müssten wieder mit öffentlichem Geld gebaut werden. Da es die Gemeinde Bozen allein nicht schaffe, sei es notwendig, dass das Land hier einspringe. Man sollte auf jene Studierenden schauen, die sich die hohen Preise am freien Markt nicht leisten könnten. Man könne es sich als Gesellschaft und Politik nicht leisten, dass sich junge Menschen sich das Leben in Südtirol nicht leisten können. Er werde den Antrag aussetzen und umformulieren - so wie von LR Achammer vorgeschlagen.

Landesgesetzentwurf Nr. 15/24 Ehrungen für Verdienste um das Land Südtirol (vorgelegt von den Abg. Zimmerhofer, Rabensteiner, Knoll und Atz): Im Begleitbericht heißt es: “Bereits seit 2008 werden auf Schloss Tirol am 5. September die sogenannten ‘Großen Verdienstorden des Landes Südtirol’ mit viel Pomp und in Anwesenheit der Schildhofbauern vergeben. Das klarste Beispiel der Untergrabung der Tiroler Zusammengehörigkeit ist und bleibt dieser 2008 kreierte Verdienstorden!”  Kritisiert wird auch der Tag der Verleihung des Ordens. Jeder Verdienstorden allein koste 830 Euro und sei zusätzlich mit 20.000 Euro dotiert - dieses Geld wäre in Zeiten der Krise irgendwo im Landeshaushalt besser angelegt. Die Süd-Tiroler Freiheit begrüße die Beschlüsse, “auch Tiroler italienischer Muttersprache in die Liste der Träger der Tiroler Verdienstmedaillen und der Verdienstkreuze aufzunehmen, denn die Bevölkerung Tirols bestand immer schon aus drei Sprachgruppen”, so der Begleitbericht weiter. “Bei verschiedenen Angriffen auf die Sonderautonomien im staatlichen RAI-Fernsehen haben sich sämtliche Träger dieses Verdienstordens durch Passivität ausgezeichnet.” Aus diesen Gründen werde mit diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen, das Landesgesetz vom 12.Juni 2006, Nr. 5, welches die Verleihung von Ehrungen für Verdienste um Südtirol regelt, aufzuheben.
Man sei der Meinung, dass der Tiroler Verdienstorden für “unser” Land ausreiche - man solle den eigenständigen Verdienstorden wieder “begraben”, so der Erstunterzeichner des LGE, Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit).
Präsident Arnold Schuler eröffnete die Generaldebatte und führte aus, dass diese zugleich Artikeldebatte sei, da der Gesetzentwurf lediglich aus einem Artikel bestehe.
Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan) bemerkte u.a., man könne lange diskutieren, ob solche Auszeichnungen sinnvoll seien oder nicht - Fakt sei, dass sich viele Leute sehr darüber freuten. Er könne heute nicht mitstimmen.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) kritisierte u.a., dass aus dem Begleitbericht zum LGE nicht hervorgehe, um welchen Orden es eigentlich gehe. Der Abgeordnete führte Regelungen zu der Ordensvergabe bei unterschiedlichen Orden in Tirol und Südtirol aus. Weil Südtirol die Möglichkeit gefehlt habe, Menschen auszuzeichnen, die nicht im Land ansässig seien, habe man den “Großen Verdienstorden” eingeführt. Man könne die Auszeichnungen ablehnen und sagen, sie würden inflationär vergeben. Es wäre allerdings demokratiepolitisch gut, wenn ein Parlament und nicht die Regierung - so wie derzeit der Fall - die Entscheidung treffe, wer einen Orden erhalte.
Der Kollege Leiter Reber selbst habe einiges durcheinandergebracht, so Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) u.a. und blickte auf die Historie des Verdienstordens zurück. Es habe Diskussionen gegeben, doch mittlerweile sei rechtlich geklärt, dass der Tiroler Adlerorden sehr wohl auch an Italiener, die sich um das Land Tirol und auch Südtirol, verdient gemacht hätten, verliehen werden dürfe - deshalb sei der “Große Verdienstorden” nicht mehr notwendig. Es gehe bei der gemeinsamen Verdienstauszeichnung um grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Kulturpolitik und gemeinsame Identität. Es brauche mehr Transparenz in den Vergabekriterien - darin stimme er dem Kollegen Leiter Reber zu.
Brigitte Foppa (Grüne) sagte u.a., die Grünen seien noch nie eine Verfechterin von Orden und Auszeichnungen gewesen - dennoch werde man sich enthalten, weil man die ethnische Begründung für den Gesetzentwurf nicht teile.
Man werde dem Vorschlag nicht zustimmen - der Abschaffung der Ehrung für die Verdienste um das Land Südtirol, schickte LH Arno Kompatscher voraus und ergänzte u.a. Tirol beschließe und Südtirol beschließe, wer ausgezeichnet werde. Es gebe gemeinsame Auszeichnungen und solche, die von einem Land vergeben werden, der Adler und Ring etwa seien Tiroler Auszeichnungen. Bei den Verdiensten um Südtirol - etwa bei der Autonomie oder bei bestimmten italienischen Ministern - tue sich das Land Tirol möglicherweise schwer, die Begründungen für die Auszeichnung nachzuvollziehen. Es sei eine Auszeichnung, die alle paar Jahre an herausragende Persönlichkeiten vergeben werde. Man glaube, dass es wichtig sei, eine solche beizubehalten. Zu den gemeinsamen Auszeichnungen: Jeder Südtiroler und jede Südtirolerin könne Vorschläge unterbreiten, wer ausgezeichnet werden solle - aus diesen Vorschlägen würden die Geehrten ausgewählt. Der “Große Verdienstorden” sei übrigens nicht dotiert, der Staatspräsident habe kein Geld erhalten. Dotiert sei der Minderheitenorden. Die Arbeit der Kommission sei dokumentiert; man habe sich aber gegen eine Veröffentlichung der Nominierten entschieden, u.a. aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes - nicht aus mangelnder Transparenz. Man veröffentliche die Namen der Geehrten. Wenn man sich bemühe, es transparent und sauber mache, dann sei eine Auszeichnung ein verbindender Moment.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) sagte u.a., er sei grundsätzlich ein Gegner solcher Auszeichnungen, weil diese nur zu Eifersüchteleien, Verärgerung und Spaltung führe. Er sei ein Fan des Schweizer Systems: Diese kämen gänzlich ohne solche Auszeichnungen aus. 
Der Landesgesetzentwurf Nr. 15/24 wurde mit 4 Ja- und 25 Nein-Stimmen sowie 1 Enthaltung abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 309/25  Reform des Südtiroler ÖPNV (eingebracht vom Abg. Leiter Reber am 22.08.2025; Ersetzungsantrag vom 11.09.2025): Um die Verwendung der öffentlichen Verkehrsmittel bei Einheimischen und Gästen zu fördern, dessen Nutzung zu vereinfachen und die Effizienz der Verwaltung zu steigern, möge der Landtag die Landesregierung beauftragen:
1. den „Südtirol Guest Pass“, mit welchem Südtirol-Urlauber die öffentlichen Verkehrsmittel „gratis" benutzen können, für alle gastgewerblichen und nicht gastgewerblichen Beherbergungsbetriebe verpflichtend einzuführen;
2. die Mitfinanzierung dieses Dienstes des ÖPNV so zu gestalten, dass jeder Betrieb für jedes gemeldete Gästebett einen pauschalen Jahresbeitrag zu entrichten hat;
3.im Gegenzug zu eruieren, ob durch diese Mehreinnahmen aus dem „Südtirol Guest Pass“ allen Ansässigen ein „Südtirolmobil Pass“ zur Verfügung gestellt werden kann, mit welchem die öffentlichen Verkehrsmittel unkompliziert und kostenlos benutzt können.
Oder alternativ, zur Mitfinanzierung des ÖPNV, eine möglichst unbürokratische Öffi-Abgabe für alle volljährigen Ansässigen einzuführen, deren Höhe die Hälfte des gastgewerblichen Jahresbeitrags beträgt.

Mit diesen Einnahmen wird allen Ansässigen ein „Südtirolmobil Pass“ zur Verfügung gestellt, mit welchem die öffentlichen Verkehrsmittel unkompliziert und „gratis“ benutzen können.
Antragseinbringer Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) verwies in seiner Vorstellung des Beschlussantrags u.a. auf einige Beispiele für die starke touristische Nutzung des ÖPNV.

Damit endete die Zeit der politischen Minderheit; es folgt die Zeit der Mehrheit.

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