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Plenarsitzung – Selbstverteidigungskurse (2)

Antrag von JWA Wirth Anderlan

Fotos (Quelle: Südtiroler Landtag/Werth): https://www.flickr.com/photos/190091852@N05/
Videoaufnahmen (Quelle: Südtiroler Landtag/Werth):
https://transfer.it/t/9dFItgxRCbTZ

Am heutigen Donnerstagvormittag (11. September) wurde die September-Sitzungsfolge des Südtiroler Landtages mit der gestern begonnenen Behandlung des Beschlussantrags Nr. 295/25 Selbstschutz- und Selbstverteidigungskurse in Mittel- und Oberschulen (eingebracht vom Abg. Wirth Anderlan am 09.07.2025) fortgesetzt: Der Landtag möge beschließen: “Das Konzept zur Verknüpfung von Selbstschutz- und Selbstverteidigungskursen zu überprüfen und gegebenenfalls für die dritten Klassen der Mittelschulen sowie für sämtliche Klassenstufen der Oberschulen in Südtirol zu übernehmen.”
Es handle sich um einen berechtigten Antrag in der heutigen Zeit, der widerspiegle wie weit es im Land gekommen sei und wie hilflos die Politik bei solchen Problemen sei, so Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) u.a. Es gebe Kinder, die Angst hätten, in die Mittelschule zu kommen - nicht wegen des Unterrichtsstoffes, sondern wegen der Schlägertrupps. Man sehe daran, dass die Kriminalität in Südtirol immer jünger werde. Man höre auch, dass an den Oberschulen junge Mädchen in den Toiletten belästigt würden. Es würde jedem - jungen Leuten ebenso wie älteren - guttun, sich mit dem Thema Selbstverteidigung auseinanderzusetzen - es sei wichtig für das Selbstvertrauen und damit man wisse, wie man sich zu verhalten habe. Ab besten wäre es, solche Situationen kampflos zu verlassen, aber auch dies müsse gelernt werden. Er unterstütze den Antrag.
Brigitte Foppa (Grüne) sagte u.a., Selbstverteidigung, Selbstschutz und Zivilcourage seien wichtige Themen - das wüssten die Schulen und es gebe dazu auch Initiativen. Auch sie selbst habe in vielen Orten Südtirol jahrelang Zivilschutztrainings für Frauen gemacht. Was sie nicht verstehe: das Bild, das von Südtirol gezeichnet werde. Man müsse sich die Kriminalitätsstatistiken anschauen und dafür sorgen, dass sich die Menschen im Land sicher fühlten. Bei Sicherheit und körperlicher Unversehrtheit würden die Grünen immer miteinstehen. Doch das Bild, dass ihre Vorredner von Südtirol gezeichnet, hätten, verstehe sie nicht. Wenn sie sich an ihre Schulzeit erinnere, dann habe es täglich in den Schulhöfen Schlägereien gegeben - auch bei Wiesenfesten seien solche an der Tagesordnung gewesen. Man solle das Land von vor 30/40 Jahren nicht so idyllisch zeichnen - und das heutige als Bronx.
Harald Stauder (SVP) schickte voraus, dass er inhaltlich mit der Kollegin Foppa einer Meinung sei und ergänzte u.a., dass die Schulen bereits sehr viel machten - dann, wenn es für die Situation für angebracht oder aktuell erachtet werde oder man sehe es per se im Schulprogramm vor. Es gebe sehr viele Möglichkeiten. Auch ihn habe verwundert, wie der Kollege Knoll Südtirol gestern gezeichnet habe - es sei nicht so, der Abgeordnete solle einmal mit Leuten reden, die ihren Lebensmittelpunkt im Land hätten. Der Beschlussantrag sei nicht notwendig, ´denn es werde bereits viel getan und man setze auf die Maßnahmen vor Ort.
Myriam Atz (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte u.a. an verschiedenste Gewaltdelikte und Übergriffe in Bussen und dass in Bozen Sicherheitskräfte Schülerbusse begleiteten. Es gehe im behandelten Antrag um Prävention, Realitäts- und Bürgernähe. Es sei eine Realität, dass es viele Gewaltdelikte im Land gebe - das könne man den Medien täglich entnehmen. Zum Thema Statistiken: Sie habe kürzlich die Polizei gerufen, weil es einen Vorfall gegeben habe, dich Polizei aber sei nicht einmal gekommen - sie frage sich, in welcher Statistik dieser Fall auftauche. Flächendeckende Selbstverteidigungskurse an den Schulen seien dringend notwendig.
Waltraud Deeg (SVP) unterstrich u.a. die Wichtigkeit des Themas Sicherheit für alle Menschen. Wenn der Rechtsstaat nicht mehr in der Lage sei, Sicherheit zu garantieren, verlören die Menschen das Vertrauen. Darin sei man sich einig, doch auch sie widerspreche dem von Südtirol gezeichneten Land. Die Abgeordnete berichtet von einem Vorfall in ihrer Jugendzeit. Mit dem, was gesagt werde, werde ein Urgefühl des Menschen getroffen - und es stimme, dass das Thema Sicherheit derzeit stark gefühlt werde. Doch es diene der Sache nicht, wenn ein dermaßen negatives Bild des Landes gezeichnet werde. Prävention sei wichtig, doch man dürfe das Unsicherheitsgefühl nicht verstärken. Die Statistiken sagten ganz klar, dass die Zahlen niedrig seien.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) sagte u.a., es stimme, dass es auch früher Schlägereien gegeben habe. Der Unterschied sei, dass heute oft Waffen im Spiel seien - und das nicht von “unseren” Leuten. Er werde den Antrag unterstützen, obwohl er der Meinung sei, dass nur die Symptome nicht die Ursachen bekämpft werden. Die Flüchtlinge hätten zu einer schlimmen Entwicklung in Europa geführt; diese habe man lange Zeit beobachten können und hätten auch gegensteuern können. Doch getan werde nichts. In Österreich sei nun ein Wandel in Sicht. Die Themen Sicherheit und Migration seien ein großes Thema in Europa.
Alex Ploner (Team K) hob u.a. hervor, dass Sicherheit ein großes Thema sei, weil es alle betreffe - denn Gewalt habe kein Alter, kein Geschlecht, keine Hautfarbe. Viele würden auch in ihren Familien Gewalt erfahren. Es fehle ihm im Antrag das Thema psychische Gewalt - auch daran müsse man denken. Er habe sich mit Experten ausgetauscht, die ihm gesagt hätten, man müsse bei diesem Thema extrem aufpassen. Man müsse sehr aufpassen, dass Gewalt nicht Gewalt bedinge - dies sei eine Spirale, in die man nicht hineinkommen dürfe. Er lasse Südtirol ob der gezeichneten Gewalttaten nicht schlechter machen, als es sei.
Niemand wolle das Sicherheitsthema kleinreden, es gebe in einigen Bereichen größere Probleme als früher, so LH Arno Kompatscher u.a. Nun versuche man dieses Thema zu reiten, um Stimmen zu holen und Stimmung zu machen. Man nehme das Thema ernst, habe das Thema ob der Wichtigkeit in das Koalitionsprogramm aufgenommen und es werde bereits sehr viel gemacht. Er berichtete von einer Wahlversammlung, bei der er nachgefragt habe, welche konkreten Probleme es im Dorf gegeben habe, es habe sich herausgestellt, dass im Dorf selbst nichts passiert sei.
LRin Ulli Mair sagte u.a., sie könne dem Konzept der Selbstverteidigung viel abgewinnen, noch mehr aber dem Konzept des Selbstschutzes. Dabei gehe es in erster Linie darum, die eigenen Sinne zu schärfen, richtige Verhaltensweisen und den persönlichen Umgang in Stresssituationen zu lernen, die eigenen persönlichen Grenzen zu erkennen und Grenzen zu setzen. Vieles in diesem Bereich werde schon gemacht, zum Beispiel auch von Sportvereinen. Es sei viel richtiges gesagt worden, es sei kein Bild gezeichnet worden, das nicht stimme - es gebe Schulen, wo man regelmäßig Sicherheitskräfte hinschicken müsse. Man müsse das Bewusstsein dafür schärfen, wie man richtig reagiere, wenn man Zeuge einer Tat sei. Auch das werde bei Kursen gemacht. Sie werde sich enthalten.
Sie könne den Worten der LRin vieles abgewinnen, so Renate Holzeisen (Vita) u.a. In ihrer Straße in Bozen würde wöchentlich eingebrochen, mitunter mehrmals. Die Bewohner der Straße hätten sich zusammengetan und würden sich in einer WhatsApp-Gruppe Auffälligkeiten melden. Dies sei Realität. Sie gebe auch denjenigen Recht, die sagten, Gewalt habe viele Gesichter. Man müsse Sensibilisieren, so wie auch die LRin gesagt habe. Sie fände das Thema sehr wichtig, werde sich aber enthalten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) betonte u.a., er habe kein falsches Bild von Südtirol gezeichnet, so wie von einigen Abgeordneten kritisiert. Er lasse auch nicht zu, dass seine Familie diffamiert werde - seine Großmutter stamme aus Nordtirol, doch er habe sehr wohl Kontakte zu den Menschen im Land. Er bitte um einen respektvollen Umgang im Plenum.
Harald Stauder (SVP) widersprach der Kritik.
Die Wahrheit liege irgendwo in der Mitte: Es stimme nicht, dass Südtirol ein Kriegsgebiet sei, aber es stimme auch nicht, dass es so sei, wie ihn “unserer” Grundschulzeit, so Anna Scarafoni (Fratelli d’Italia). Es gebe in verschiedenen Orten unterschiedliche Situationen. Bis vor wenigen Jahren habe es keine Banden gegeben, die mit Krummsäbeln herumrannten oder Autorennen auf den Straßen veranstalteten, es sei auch nicht bekannt gewesen, dass Polizisten im Dienst verletzt wurden. Dies geschehe nicht in Gröden, sondern in den urbanen Zentren, weil es dort eine Vermischung von Kulturen gibt. Und man müsse anerkennen, dass es Kulturen gebe, die gewisse Verhaltensweisen führten, die zu sozialen Missständen führten.
Sandro Repetto (PD - Demokratische Partei) sagte u.a., dass der Vorschlag ausgeweitet werden sollte, um die Ursachen der Gewalt anzugehen. Nun aber sei man im Plenarsaal bei Kreuzzügen angelangt, wo alles vermischt werde und man sich von Hass leiten lasse. Mancher würde sich hier als großer Christ darstellen, man solle aber in der Bibel lesen und hören, was der Papst sage. Letzterer spreche von Aufnahme und von der Verbindung der Kulturen. Man müsse sich seiner Geschichte besinnen, die Situation heute sei eine andere als vor 40 Jahren - die Kleinkriminalität habe sich verändert. Die Gesellschaft müsse diesen Entwicklungen entgegenwirken, aber der Vorschlag sei nicht die Lösung. Er werde gegen den Antrag stimmen.
LR Marco Galateo unterstrich u.a., die Mehrheit habe klare Linien vorgegeben. Er wolle keine Gesellschaft, in der man sich selbst verteidigen müsse - man lebe in einem Rechtsstaat, in dem die Polizei für die Sicherheit der Bürger sorgen müsse, nicht der Nachbar, der Kampfsport betreibe. Im Kampfsport müsse man klare Regeln einhalten, doch bei einer verpflichtenden Einführung für alle Jugendlichen wäre das eine Legitimierung dafür, die Regeln zu brechen.
Thomas Widmann (Für Südtirol mit Widmann) betonte, dass von der Mehrheit einzig Ulli Mair Recht habe. Es dürfe nicht geleugnet werden, dass die Gewalt in Bozen, Meran und den Zentren mehr geworden sei - dies sei eine Tatsache. Ebenso, dass dies mit Ausländern zu tun habe. Man müsse überlegen, wie man die Sicherheitsproblematik in den Griff bekomme. Es brauche Maßnahmen.
LR Philipp Achammer schichte voraus, dass man den Antrag ablehnen werde und ergänzte u.a., man solle in der Aula keine Schattengefechte führen und sich nicht gegenseitig bezichtigen, wer Gewalt ernster nehme. Alle “hier” anwesenden wären gegen jede Form von Gewalt und dafür, dass Gewalt nach dem Gesetz verfolgt und geahndet wird. Es seien pauschale Aussagen gemacht worden, die nicht korrekt sei und die man nicht stehen lassen könne. Man solle das, was gute Klicks bringe, bleiben lassen, wenn es nicht den Tatsachen entsprechen. Konfliktvermeidung und gewaltfreie Kommunikation werde bereits ab dem Kindergarten gemacht. Es werde bereits mehr gemacht als im Antrag vorgeschlagen. Man wolle nicht allen pauschal vorschlagen, was zu machen sei, sondern überlasse dies, den Verantwortlichen vor Ort. Man solle sich für Gewaltbekämpfung in jeglicher Form und für Zivilcourage einsetzen.
Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) verwehrte sich u.a. gegen Kritik an einigen Aussagen und betonte, der LH habe im Zusammenhang mit der Bürgerversammlung in Villanders eine Lüge verbreitet.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstrich u.a., dass es Dinge gebe, die man stehen lassen müsse, auch wenn man damit nicht einverstanden sei.
Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan), Einbringer des Antrages, berichtete u.a., dass er mit etwa 15 Lehrern gesprochen habe, in deren Schulen nichts gemacht werde - dabei sei gesagt worden, es werde schon überall gemacht. Man lebe in einer “Demokratiesimulation”, in der es nur um Macht und Posten gehe. Man solle weiterhin Beton anrühren, damit die Brandmauer Ziegel für Ziegel höher werden könne. Eine Brandmauer sei nur etwas für Feiglinge und Demokratiefeinde.
Der Beschlussantrag Nr. 295/25 wurde mit 7 Ja- und 24 Nein-Stimmen sowie 2 Enthaltungen abgelehnt.

(Fortsetzung folgt)

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