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Plenarsitzung - Barrierefreies Bauen, Digitalzwang, Baustandards

Anträge von Team K, Wir Bürger und Süd-Tiroler Freiheit

Am Vormittag wurde die Debatte zum Begehrensantrag Nr. 05/24: Barrierefreies Bauen (eingebracht von den Abg. Ploner A., Ploner F., Köllensperger und Rieder am 19.02.2024) wieder aufgenommen (siehe Pressemitteilung vom Vortag). Parlament und Regierung sollen aufgefordert werden, in Absprache und Zusammenarbeit mit der nationalen Architektenkammer Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Sensibilität und Fachkenntnisse zu barrierefreier Planung und Bauweise zu fördern und die Barrierefreiheit in die universitäre Ausbildung verpflichtend aufzunehmen.
Franz Ploner (Team K) wies darauf hin, dass der Sitzungssaal des Landtags nicht barrierefrei ist. Von den Barrieren seien nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern auch ältere Menschen betroffen. Es gebe einschlägige staatliche Normen zu barrierefreiem Bauen, die einzuhalten wären.
Madeleine Rohrer (Grüner) wollte das Augenmerk auf barrierefreies Wohnen lenken. Das ermögliche es den Menschen, auch im Alter in ihrer Wohnung zu bleiben. Man sollte die Musterbauordnung für die Gemeinden entsprechend anpassen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag, mahnte aber, mit Augenmaß vorzugehen. Es sei übertrieben, wenn eine Almhütte, die nur zu Fuß erreichbar sei, rollstuhltauglich gebaut werden müsse. Viele öffentliche Einrichtungen wie etwa Bahnhöfe seien nicht mehr barrierefrei, wenn der List oder die Rolltreppe nicht funktioniere. Bei manchen Gebäuden sei auch auf den Denkmalschutz zu achten.
Renate Holzeisen (Vita) meinte, Ploners Einstufung des Plenarsaals als Hörsaal sei gar nicht so falsch. Alle sollten mehr zuhören.
Harald Stauder (SVP) erinnerte daran, dass das Land trotz eingeschränkter Zuständigkeit bereits sehr vieles in diesem Bereich getan habe. Man habe sehr viele Möglichkeiten der Sensibilisierung. Diesen Spielraum müsse man ausnutzen. Davon abgesehen müsse man Druck auf den Staat machen, der seine Hausaufgaben in seinen Immobilien noch nicht gemacht habe.
LR Rosmarie Pamer betonte, dass das Land beim Abbau von architektonischen Barrieren Kompetenzen habe. Sie sehe keinen Sinn darin, die nationale Architektenkammer einzubinden. Sie habe unter den Bürgermeistern sehr große Sensibilität für das Thema gesehen. Es sei auch sehr viel getan worden in den letzten Jahren. Auch an den Bahnhöfen sei viel getan worden: Erhöhung der Bahnsteige, Aufzüge u.a.m. Man werde dem Antrag nicht zustimmen, da das Land auf seine Zuständigkeiten beharre.
Erstunterzeichner Alex Ploner (Team K) erwiderte, es gehe auch darum, nachzuschauen, was aus den autonomen Kompetenzen gemacht werde. Wenn ein Aufzug am Bahnhof nicht funktioniere, sei die Barrierefreiheit nicht gegeben; da müsse man eben bei RFI intervenieren. Das Problem beginne schon in der Planung, daher seien die Architekten in Bildung und Weiterbildung für das Thema zu sensibilisieren. Und die Ausbildung der Architekten sei nicht Landeskompetenz. Daher könne er die Ablehnung nicht verstehen.
Der Antrag wurde mit 13 Ja und 15 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 210/25: Gegen den Digitalzwang - Recht auf analoges Leben - Übergangszeit. (eingebracht vom Abg. Colli am 09.01.2025). Mit diesem Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden, 1. Das Recht auf ein analoges Leben anzuerkennen und sich gegen jegliche drohende digitale Diskriminierung auszusprechen. 2. In allen Bereichen, welche im Zuständigkeitsbereich der Landesregierung liegen, zu prüfen, wie das Recht auf ein analoges Leben ohne strukturelle Nachteile in einem digitalisierten Zeitalter möglich ist. 3. Für eine Übergangszeit von 15 Jahren den analogen Zugang zu Förderungen, Anmeldungen, Leistungen, kurzum, bei allen Diensten zu gewährleisten und somit parallel digitale als auch analoge Zugänge zu garantieren.
Andreas Colli (Wir Bürger) betonte, dass die Digitalisierung zwar Fortschritte mit sich bringt, jedoch viele Bürger, insbesondere ältere Menschen, überfordert und ausgegrenzt werden. Er stellte fest, dass der digitale Druck dazu führt, dass Menschen, die sich mit moderner Technologie nicht auskennen oder diese nicht nutzen möchten, benachteiligt werden. Der Trend gehe dahin, analoge Dienste abzubauen. Dadurch entstehe eine neue Ausgrenzung. Südtirol schaue auf Minderheiten, es sollte auch auf diese Minderheit schauen. Es gibt viele gute Gründe, sich gegen ein Smartphone zu entscheiden und deshalb sollten diese Menschen nicht zur Strafe von Grundversorgungen abgeschnitten oder aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt werden.
Digital leben können, aber nicht müsse, das sei das Zauberwort, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Bei der Umstellung auf den freien Strommarkt habe es nur den digitalen Zugang gegeben. Bei den neuen digitalen Diensten werde oft das Recht auf Muttersprache nicht berücksichtigt. Auch das Geoblocking führe zu Problemen, man werde durch die italienische IT-Adresse dem italienischen Sprachraum zugeordnet. Die öffentliche Verwaltung habe eine Dienstleistungsfunktion, die auch nichtdigitalen Menschen zur Verfügung stehen müsse.
Zustimmung kam auch von Paul Köllensperger (Team K), das Digital Divide sei nicht nur für ältere Menschen ein Problem, sondern etwa auch für Schüler, die von daheim aus keinen digitalen Zugang hätten. Alle Bürger hätten das Recht auf Zugang zu den öffentlichen Diensten.
Brigitte Foppa (Grüne) sah das Thema etwas anders. Man spreche von Zwang, obwohl es um etwas anderes gehe. Sie sei ein großer Fan von SPID. Mit diesem Zugang habe man eine enorme Erleichterung. Sie wolle die Probleme nicht kleinreden, aber man sollte nicht das Neue verteufeln, sondern nachdenken, wie man den Menschen helfen könne, die sich damit schwertun.
Myriam Atz (Süd-Tiroler Freiheit) sah einen Zwang in vielen Bereichen sehr wohl gegeben, etwa bei der Führerscheinerneuerung. Eine Übergangszeit von 15 Jahren sei absolut gerechtfertigt.
Freiheit setze immer Wahlmöglichkeiten voraus, erklärte Renate Holzeisen (Vita). Der Trend gehe derzeit dahin, diese Wahlmöglichkeit nicht mehr zu gewähren. Auch ihr sei dieser digitale Zwang zuwider. Bei Stromausfällen funktioniere digital gar nichts mehr. Auch Bargeld sollte als Recht in der Verfassung verankert werden.
Waltraud Deeg (SVP) stimmte zu, dass es keinen Zwang zur Digitalisierung geben solle. Digitalisierung sei aber auch mit vielen Chancen verbunden, sie könne für ältere Menschen auch eine Brücke sein, um Einsamkeit zu überwinden. Im Landesgesetz zum aktiven Altern habe man diese Teilhabe am öffentlichen Leben berücksichtigt.
LH Arno Kompatscher sah das vorgebrachte Thema als sehr wichtig und kündigte Zustimmung zu Punkt 1 an. Viele Menschen würden sich auch schämen, bei öffentlichen Stellen um Hilfe zu bitten. Es wäre aber falsch, auf dem analogen Weg parallel weiterzumachen wie bisher, dann hätte man in 15 Jahren dasselbe Problem. Die Digitalisierung biete Vorteile, und man müsse die Menschen dabei unterstützen, damit umzugehen. Die Entwicklung könne man nicht aufhalten, auch nicht für 15 Jahre. Das Digitale habe auch negative Seiten, siehe Datenschutz. Dieser werde von den öffentlichen Einrichtungen strenger eingehalten, daher seien sie auch komplizierter. Beim Recht auf Muttersprache gebe es Probleme, und das Land mache massiv Druck, damit das eingehalten wird. Die KI biete dafür auch eine gute Hilfestellung. Es sei inakzeptabel, wenn digitale Dienste des Staates auf Deutsch nicht verfügbar seien.
Andreas Colli stimmte allen Rednern zu, aber wichtig sei ihm die Wahlmöglichkeit. Das analoge Leben müsse in der Verfassung verankert werden. Wenn man den analogen Zugang nicht garantiere, sei das eine Diskriminierung. Es sei eine Lebensfrage, ob man das digitale Leben mitspielen wolle.
Punkt 1 des Antrags wurde mit 28 Ja und 2 Enthaltungen angenommen. Die anderen Punkte wurden abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 279/25: Baustandards und Förderungen überdenken - Bürokratie und Kosten senken! (eingebracht von den Abg. Rabensteiner, Knoll, Atz und Zimmerhofer am 11.06.2025). 1. Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt zu prüfen, ob die bestehenden finanziellen Fördermaßnahmen für den Bau oder den Kauf der Erstwohnung angepasst werden müssen. 2. Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, eine umfassende Überprüfung der geltenden Baustandards in Südtirol vorzunehmen, um festzustellen, ob diese im Vergleich zu den gesetzlichen Mindeststandards der Republik Italien und der EU-Norm unverhältnismäßig höher sind und inwiefern sie vereinfacht oder angepasst werden können. 3. Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, eine Initiative zum bezahlbaren Bauen zu gründen – dies im Schulterschluss mit Politik, Verwaltung, Architekten und Planern, Verbänden sowie Interessensvertretern. Die Initiative hat das Ziel, Qualität, Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit miteinander in Einklang zu bringen, indem sie die Umsetzung von folgenden Abläufen überprüft: • Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren; • Reduzierung von Kosten für Baustandards; • Abbau von Bürokratie, z.B. durch die Reduzierung von Gutachten und technischen Berichten; • Vereinfachung bei Bauvorhaben, z.B. bei einer anstehenden Sanierung, Restaurierung, bei kleineren Bauprojekten oder bei Neubauten. Ebenso sollen die gesamten Prozesse und die dahinterstehende Planungskultur hinterfragt sowie eine Checkliste und ein Leitfaden zu potenziellen Kostentreibern erstellt werden. Es geht somit einerseits um die Überprüfung von Abläufen, von Regulierungen, von Baustandards und Auflagen sowie, andererseits, um die Beobachtung und Auswertung der Entwicklungen im Bauwesen, der gesetzlichen Vorgaben, der technologischen Entwicklungen und der gesellschaftlichen Veränderungen in Südtirol. Die Initiative wird dem Landtag bis einschließlich des Jahres 2026 einen Bericht vorlegen. Dieser soll konkrete Vorschläge zur Vereinfachung des Bauens, zur Verbesserung der Förderstruktur sowie eine Berechnung der Kostenersparnisse beinhalten. 4. Die Südtiroler Landesregierung wird beauftragt, mit der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft „Neue Heimat Tirol“ in Kontakt zu treten, um zu überprüfen, ob deren Konzept, z.B. Mietkauf, soziale Durchmischung, Zugangskriterien u.a.m., auch für Südtirol interessant und dieses gegebenenfalls dann auch in Südtirol im gemeinnützigen Wohnbau umsetzbar wäre. Außerdem soll ein Preisvergleich für gemeinnützige Mietwohnungen im Bundesland Tirol und im Land Südtirol gemacht werden, und eventuelle Preisunterschiede sollen ergründet werden.
Aktuell gelten in Südtirol sehr hohe Baustandards, die zu erheblichen finanziellen und bürokratischen Belastungen für Bauherren führen, erklärte Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit). Der Klimahaus-Standard A für Neubauten beispielsweise erfordert komplexe technische Maßnahmen und den Einsatz hochwertiger Materialien, was die Kosten weiter steigert. Diese strengen Vorgaben führen dazu, dass teure Fachbüros engagiert werden müssen, was die Erschwinglichkeit von Eigenheimen und Mietwohnungen einschränkt. Der Antrag zielt darauf ab, die aktuell gültigen Vorschriften auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, überzogene Anforderungen zu entschärfen und die Möglichkeit von finanziellen Unterstützungen zu evaluieren, um der Wohnraumbeschaffung für Familien und Einheimische gerecht zu werden.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) begrüßte den Antrag. Wenn man die Kosten-Nutzen-Rechnung mache, schneide das zweitbeste Material am Ende oft am besten ab. Man müsse deswegen nicht den Klimahausstandard abschaffen, aber man müsse nicht immer das Beste vom Besten haben. Die Bauherren müssten sich auch fragen, ob sie 6 Steckdosen pro Zimmer und anderen Luxus haben wollten.
Lieber 1000 gut gedämmte Wohnungen als 100 perfekt gedämmte, meinte Paul Köllensperger, der dem Antrag, vor allem den ersten drei Punkten, viel abgewinnen konnte.
LR Ulli Mair konnte die Intention hinter dem Antrag nachvollziehen. Die Klimahausvorgaben hätten zu einer Verteuerung geführt. Der Antrag enthalte aber Forderungen, die mit dem neuen Wohnbaugesetz vor einem Monat beschlossen wurden. Mit der Neuen Heimat Tirol gebe es laufend Gespräche, um das Thema des gemeinnützigen Wohnbaus zu vertiefen. Bald werde die erste Stiftung für gemeinnützigen Wohnbau entstehen. Ein Preisvergleich mit Tirol würde erst in ein paar Jahren Sinn machen. Mietkauf sehe sie in diesem Modell des gemeinnützigen Wohnbaus als nicht zielführend, wohl aber beim Wohnen mit Preisbindung.
LR Peter Brunner wies darauf hin, dass die meisten Baunormen zur Energieeffizienz staatlicher oder europäischer Natur seien. Oft würden auch die Bauherren über das Ziel hinausschießen. Es sei bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, um die Baustandards zu überarbeiten. Auch bei den Richtpreisen werde man Anpassungen vornehmen, denn verschiedene Baumaterialien seien inzwischen günstiger geworden. Man arbeite auch an Vereinfachungen, zusammen mit den Interessenvertretungen.
Hannes Rabensteiner erinnerte daran, dass er den Antrag bereits einmal als Tagesordnung zum Gesetzentwurf eingebracht hatte. Damals sei er gebeten worden, ihn zurückzuziehen und später einzureichen. In Nordtirol werde mit einer Superqualität gebaut, und er frage sich, warum die günstigere Mieten bieten könnten. Südtirol rühme sich seiner Vorreiterrolle beim Klimahaus, aber dadurch habe man das Wohnen verteuert. Die vielen Dämmstoffe führten auch zu viel Müll auf der Baustelle.
Der Antrag wurde in Abstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.

AM

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