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Plenarsitzung – Wohnbauförderung (2), Bürokratieabbau, Entschädigung für die Verwendung des Allgemeingutes Natur

Zwei Anträge von Team K, einer von “Für Südtirol mit Widmann (FSW)”

Aufgrund der Bestimmungen zur „Par Condicio" beschränkt sich die Berichterstattung in der Vorwahlzeit der Europawahlen auf die wesentlichen Inhalte und verzichtet auf Namen. Die Arbeiten im Plenum werden jedoch wie üblich live auf www.landtag-bz.org und auf dem YouTube-Kanal des Landtages übertragen.

Am Mittwochnachmittag wurde die Mai-Sitzung des Landtages mit der am Vormittag begonnenen Behandlung des Beschlussantrags Nr. 72/24 Wohnbauförderung - Auszahlung jetzt und nicht in zwei Jahren (eingebracht vom Team K am 18.04.2024) fortgesetzt: In ihrer abschließenden Stellungnahme sagte die Einbringerin u.a., gerichtet an die zuständige Landesrätin: Man wisse, dass neun Stellen im zuständigen Amt unbesetzt seien - man müsse Wettbewerbe so ausschreiben, dass sich jene meldeten, die Interesse am und Kenntnisse im Bereich hätten. Mit einer Aufgabenzulage werde es nicht getan sein. Bei Vereinfachungen, Umstrukturierungen oder Auslagerungen dürfe man nicht die betroffenen Ämter fragen, sondern man müsse sich anderweitig umhören. Sie, so die Einbringerin, sei zwar keine Freundin von Auslagerungen, aber in der Übergangszeit und zum Aufarbeiten der 1.800 vorliegenden Gesuche sei das eine Lösungsmöglichkeit. Diejenigen, die um eine Wohnbauförderung angesucht hätten, würden auf die Auszahlung warten.
Der Beschlussantrag wurde getrennt nach Prämissen und einzelnen Punkten des beschließenden Teils abgestimmt und mehrheitlich abgelehnt (Prämissen mit 15 Ja und 16 Nein, Punkt 1 mit 10 Ja, 16 Nein und 5 Enthaltungen, Punkt 2 mit 13 Ja, 16 Nein und 2 Enthaltungen, Punkt 3 mit 15 Ja und 15 Nein).

Beschlussantrag Nr. 73/24 Bürokratieabbau: ein politischer Vorschlag für mehr Verwaltungseffizienz und Bürgerentlastung (eingebracht von Für Südtirol mit Widmann / FSW am 18.04.2024): Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. innerhalb 2024 einen umfassenden Bericht über alle aktuellen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsverfahren, die für die Landesverwaltung relevant sind, vorzulegen; diese mit einem entsprechenden Zusatz zu versehen, ob Prozeduren zwar Usus, aber nicht mehr up to date sind, sowie dafür mögliche Vereinfachungsvorschläge anzuführen; 2. innerhalb 2024 eine Kommission - mit Experten aus der Landesverwaltung sowie externen Fachleuten – einzuberufen, mit der Aufgabe, ein Monitoring zur Identifizierung veralteter Prozesse und Doppelungen voranzubringen, sowie entsprechend dazu kontinuierlich Verbesserungsvorschläge und Maßnahmen zu deren Abbau vorzubringen; 3. dass diese Kommission für mindestens 3 Jahre im Einsatz bleibt, dem Landtag nach 6 Monaten ab Einberufung ein Programm inklusive Zeitplan und Zielen vorlegt, sowie in Folge halbjährlich über erzielte Ergebnisse und umgesetzte Vereinfachungen Bericht erstattet.
Die Süd-Tiroler Freiheit erinnerte u.a. daran, dass die Landesregierung 1993 einen Anti-Bürokratiewettbewerb ausgeschrieben habe, der nicht vergeben wurde. Der ehemalige LH habe später zugegeben, dass er am Bürokratieabbau gescheitert sei. Auch in den vergangenen Jahren hätten Initiativen nicht gefruchtet. Es gebe aber durchaus Möglichkeiten, zum Beispiel das Prinzip “once only”. Man stimme dem Antrag zu - wenn man auch der Meinung sei, dass sich im Bereich wenig bewegen werde.
Das Team K sprach u.a. - in Anlehnung zur Spending Review - von einer Bürokratie-Review, die hier vorgeschlagen werde. Es gebe ein hohes Maß an “hausgemachter” Bürokratie; das Prinzip “once only” gelte zwar in Italien bereits, doch die Umsetzung funktioniere nicht. Man könne einiges machen, um den Bürokratie-Dschungel zu durchforsten. Es gebe in diesem Bereich viel zu tun. Man werde den Antrag unterstützen. Weniger Bürokratie bedeute eine schlankere öffentliche Verwaltung und geringere Kosten.
Die Süd-Tiroler Freiheit verwies u.a. auf den “Bürokratie-Wettlauf”, den es derzeit für die Durchführung der Sprachgruppenerhebung im Land gebe. Man habe im Juni Europawahlen - man könnte in den Wahllokalen die Möglichkeit bieten, die Sprachgruppenerklärung abzugeben. Dies wäre eine nicht bürokratische Lösung. Man werde den Antrag unterstützen. Die Bürokratie, so die Süd-Tiroler Freiheit weiter, koste der Wirtschaft eine gigantische Summe und hindere viele Leute daran, ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen. Man sei wohl gezwungen, Bürokratie abzubauen, weil es in der öffentlichen Hand nicht mehr genügend Mitarbeiter gebe.
JWA Wirth Anderlan erinnerte u.a. an die Wichtigkeit des Ehrenamtes in Südtirol und berichtete davon, dass unlängst vor dem Aufstellen eines Maibaums ein Statiker “31 Seiten über einen Maibaum” geschrieben habe. Man unterstütze den Antrag.
Die Menschen, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten, so die Grünen u.a., seien die ersten, die unter Bürokratie litten. Der Ansatz der Garantie sei der Grund, weshalb die Bürokratie erst entstanden sei; die öffentliche Verwaltung könne mit Geld nicht so umgehen wie die Privatwirtschaft. Wenn man sichergehen wolle, dass öffentliches Geld ordentlich verwaltet wird, komme man um bestimmte Prozeduren nicht herum. Man sollte im Bereich Bürokratie optimieren. Man werde sich zum Antrag enthalten.
Die Freie Fraktion erklärte u.a., dass der Begriff Bürokratieabbau beinahe zur Floskel verkommen sei, weil er ständig genannt werde, ohne genau zu sagen, wie er vonstattengehen solle. Es werde heute immer überall ein Schuldiger gesucht. Es gebe die Möglichkeiten zum Verbessern, vor allem im wirtschaftlichen Bereich und bei der täglichen Auseinandersetzung mit der öffentlichen Verwaltung. Beim Bürokratieabbau müsse man mit konkreten Beispielen arbeiten.
Das zuständige Mitglied der Landesregierung sagte u.a., es handle sich hier um ein Thema, das die Menschen beschäftige: Wie man es schaffe, transparent und korrekt zu arbeiten - und gleichzeitig die Bürger und die Verwaltung selbst nicht mit Akten und Prozeduren zu überlasten. Bürokratie komme auch davon, dass es nicht gelinge, bessere Verfahren zu schaffen. Zu mehr Bürokratie habe auch die Einschränkung der Autonomie durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes beigetragen, ein Beispiel dafür seien die sogenannten Bagatelleingriffe in der Landwirtschaft. Man werde einen Gesetzesvorschlag bezüglich 17er Gesetz über das Verwaltungsverfahren einbringen, in das man bestimmte Dinge einbringen wolle. Die Digitalisierung sollte Vereinfachungen bringen, für viele Menschen bringe sie aber Erschwernis; dort, wo die Digitalisierung gut funktioniere, sei sie aber eine große Hilfe. Man sollte darüber berichten, wo Verbesserungen gelungen seien. “One in, one out” sei inzwischen Gesetz “bei uns”, nun müsse man die Ergebnisse sehen. Man stimme dem Antrag nicht zu.
Man habe den Eindruck gehabt, dass der LH den Bürokratieabbau wirklich angehen haben wollte, so Für Südtirol mit Widmann u.a., doch vielleicht sei dies im Tagesgeschäft dann untergegangen. Es gehe ihm, so der Einbringer des Antrags, vor allem darum, dass es eine Kommission gebe, die überprüfe, ob es Erleichterungen für die Bürger gegeben habe, und dass im Landtag über die Ergebnisse berichtet werde. Er ziehe die Prämissen sowie Punkt 1 und 2 zurück, würde aber bei Punkt 3 bleiben, diesen jedoch umformulieren. Der Antrag wurde für die Umformulierung ausgesetzt.

Beschlussantrag Nr. 74/24 Südtirols Natur generiert Reichtum. Alle müssen was davon haben (eingebracht vom Team K am 19.04.2024): Der Landtag möge die Landesregierung und den Landeshauptmann verpflichten, 1. ein Modell auszuarbeiten, wie die öffentliche Hand von den touristischen Beherbergungsbetrieben zusätzlich einen verpflichtenden Beitrag der Gäste als Steuersubstitut einheben kann – ca. 10 Euro pro Gast und Nacht –, als Entschädigung für die Verwendung unseres Allgemeingutes Natur; 2. dem Landtag Vorschläge zu unterbreiten, welche sozial nützlichen Initiativen mit diesen zusätzlichen Einnahmen finanziert werden können, sodass eine möglichst breite Masse an Bürgerinnen und Bürgern davon direkt profitieren können (z.B. Co-Finanzierung der Pflegeversicherung, kostenlose Nutzung des ÖPNV, Unterstützung der Bergbauern und Almwirtschaft usw.).
Die Süd-Tiroler Freiheit erklärte u.a., der Tourismus habe Südtirol in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele positive Entwicklungen im wirtschaftlichen Bereich gebracht. Inzwischen habe der Tourismus im Land aber “den Rubikon überschritten” und schade in bestimmten Gegenden sowohl der Bevölkerung als auch sich selbst. Südtirol habe Vollbeschäftigung, deshalb benötige es im Tourismus Fachkräfte von außerhalb - diese benötigten Wohnraum, der dann den Einheimischen entzogen würde. Das würde dazu führen, dass die jungen Menschen aus den Dörfern wegziehen. Man müsse sich die Frage stellen, wie viel Tourismus man im Land haben wolle. Das vorgeschlagene Modell sei ein gangbarer Weg.
Die Freie Fraktion sagte u.a., sie fände den Vorschlag “10 Euro pro Tag und Gast” maßlos übertrieben und ungerechtfertigt, wenn man schaue, wie viele unterschiedliche Kategorien man habe. Die Spirale des Immer-mehr-Wollens bei touristischen Betrieben liege im Steuersystem, deshalb müsse beim steuerlichen Instrument angesetzt werden.
Die Grünen erinnerten u.a. an die zahlreichen Diskussionen bezüglich Tourismus im Landtag in den vergangenen Jahren. Man habe immer wieder davor gewarnt, dass es zu viel sei. Wenn das Gleichgewicht von Einheimischen und Touristen kippe, dann sei es fatal. Es verwundere, dass das Team K einen so pauschalisierenden Antrag einbringe. Kontingentieren sei ein Weg, für die Grünen ein Königsweg. Bei einer Maut für Passstraßen etwa würden die Wohlhabenden bevorzugt und die Armen ausgeschlossen, bei einer Kontingentierung wäre das nicht so. Man könne beim Antrag in dieser Form nicht mitgehen.
Die SVP erinnerte u.a. an den Vorschlag des “Tourismus-Euro” für die Berglandwirtschaft, die nun im Vergleich günstig erscheine. Rom werde demnächst eine Tourismusabgabe von 10 Euro einführen. In Südtirol mache man mit der schönen Landschaft und mit den Bauern, die das Heu zusammentragen, die Tourismuswerbung. Der Tourismus sei in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Mit der Auszeichnung Weltnaturerbe kämen immer mehr Kurzurlauber. Es falle ihm schwer, gegen den Antrag zu stimmen.
Der Tourismus sei an seine Grenzen gestoßen, so Für Südtirol mit Widmann u.a. Man sei gegen eine Kontingentierung, sondern für punktuelle Lösungen. Man unterstütze den Vorschlag des Team K, wobei die “10 Euro” getrennt abgestimmt werden sollten - man solle auf das Grundkonzept fokussieren. Es brauche eine gewisse Rückführung, weil etwa die Belastung der Straßen aufgrund des Tourismus hoch sei.
JWA Wirth Anderlan erklärte u.a., man halte die 10 Euro für maßlos übertrieben - auch angesichts dessen, dass man zahlreiche unterschiedliche Kategorien habe. Auch von Quoten zu sprechen, halte man für den falschen Weg - Südtirol sei bereits das “Land der Verhinderer”. Man habe dem Tourismus mit dem “generellen Bettenstopp” keinen Gefallen getan, mit diesem Antrag würde man nun abermals “draufhauen”.
Das Team K schickte voraus, dass wenn eine Veranstaltung von der örtlichen Bevölkerung nicht mehr mitgetragen werde, dann sterbe sie - das könne man auf den Tourismus übertragen. Das Team K verwies auch auf den konzeptlosen Drehorttourismus im Land, der bestimmte Gegenden alljährlich überlaufe. Einige in der Vergangenheit eingeführte Maßnahmen, wie die günstigen Preise für die Touristen für die Nutzung des ÖPNV, fänden in der Bevölkerung kein Verständnis. Sinn des Antrages sei es auch, Querfinanzierungen zu schaffen.
Der zuständige Landesrat bemerkte u.a., dass die Natur ein Allgemeingut sei und der Tourismus bereits vor langer Zeit geregelt worden sei und verwies auf die Einführung der Ortstaxe mit 1.1.2014 und deren jüngste Erhöhung. Es gebe Beispiele dafür, dass mithilfe des Tourismus vor Ort eine Nahversorgung garantiert werden könne. Ohne Tourismus wäre Südtirol nach wie vor ein armes Land, es würden Zehntausende Arbeitsplätze fehlen, dem Handwerk fehlten zahlreiche Aufträge. Der Tourismus sei für das Land ein Segen - freilich müsse man schauen, dass der Segen nicht zu viel werde. Dem Vorschlag für eine neue Steuer - ohne Konzept - könne man aber nicht zustimmen. Auch weil damit wohl vor allem die 3-Sterne-Betriebe, die den Großteil der touristischen Betriebe ausmachten, verlieren würden.
Das Team K bat darum, im beschließenden Teil, Punkt 1 “zusätzlich” zu streichen, ebenso “ca. 10 Euro pro Gast und Nacht”, denn prinzipiell ginge es mit dem Antrag darum, ein Modell auszuarbeiten, um die Tourismusgesinnung zu erhalten und zusätzliche Einnahmen zu generieren. Die neue Abgabe solle stark progressiv sein; die Ortstaxe derzeit sei zu wenig progressiv. Es sei gut, dass anerkannt werde, dass die Natur ein Allgemeingut sei. Man habe gesehen, was passiere, wenn der Tourismus nicht mehr funktioniere, aber der Anteil des Tourismus an der Wertschöpfung im Land sei in etwa 11 Prozent, jener der Landwirtschaft in etwa vier Prozent.
Die Freie Fraktion stellte klar, dass man durch das Streichen der Angabe “10 Euro” dem Antrag zustimmen werde.
Der Beschlussantrag Nr. 74/24 wurde getrennt nach Prämissen und einzelnen Punkten des beschließenden Teils abgestimmt und mehrheitlich abgelehnt (Prämissen mit 10 Ja, 15 Nein und 9 Enthaltungen, Punkt 1 und 2 jeweils mit 16 Ja, 16 Nein und 2 Enthaltungen). 

Der beschließende Teil des zuvor ausgesetzten Beschlussantrags Nr. 73/24 Bürokratieabbau: ein politischer Vorschlag für mehr Verwaltungseffizienz und Bürgerentlastung (eingebracht von Für Südtirol mit Widmann / FSW) wurde wie folgt umformuliert “Der Landtag verpflichtet die Landesregierung, dem Landtag jährlich über die Ergebnisse zum Bürokratieabbau zu informieren und über die umgesetzten Vereinfachungen zu berichten” zur Abstimmung gebracht: Die Prämissen wurden mit 14 Ja, 17 Nein und 3 Enthaltungen abgelehnt, der beschließende Teil einstimmig mit 34 Ja angenommen.

(Fortsetzung folgt)

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