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Arbeitnehmerinnen zwischen Teilzeit und unbezahlter Familienarbeit: 7. Bericht zur Beschäftigungssituation in großen Südtiroler Unternehmen

Heute (19. Dezember) wurde der 7. Bericht zur Beschäftigungssituation in großen Unternehmen der Provinz Bozen aus Genderperspektive für den Zeitraum 2020-2021 vorgestellt. Die Analyse wurde vom AFI | Arbeitsförderungsinstitut im Auftrag von Gleichstellungsrätin Michela Morandini ausgearbeitet.

Der 7. Bericht zur Beschäftigungssituation in großen Südtiroler Unternehmen wurde heute vorgestellt. (Foto: Landtag/Werth)

Auf Grundlage von Artikel 46 des Gesetzesdekrets 198/2006 legt die Gleichstellungsrätin alle zwei Jahre den Bericht zur Beschäftigungssituation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Südtiroler Unternehmen vor. Mit dem Biennium 2020-2021 wurde erstmals die Pflicht zur Übermittlung der Daten vonseiten der Betriebe gemäß Gesetz Nr. 162/2021 auf Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiter:innen ausgeweitet. In früheren Zeiträumen wurden nur Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten befragt.

Der 7. Bericht zur Beschäftigungssituation in großen Unternehmen der Provinz Bozen aus Genderperspektive (2020-2021) wurde heute vom AFI | Arbeitsförderungsinstitut in Anwesenheit des Präsidenten des Südtiroler Landtages, Josef Noggler, des AFI-Präsidenten Andreas Dorigoni, der Gleichstellungsrätin Michela Morandini, des AFI-Direktors Stefan Perini und der AFI-Forscherin Aline Lupa vorgestellt. 543 Südtiroler Unternehmen haben die Daten übermittelt.

In seinen Grußworten dankte Landtagspräsident Noggler allen Beteiligten für die Ausarbeitung dieses detaillierten Berichts und betonte, dass dieser auch für die Politik eine wichtige Informationsquelle darstellt, die dadurch sieht, wo Nachholbedarf besteht.

Wie AFI-Präsident Andreas Dorigoni erklärte, verfolgten Südtirols Gewerkschaften jede Weiterentwicklung mit großem Interesse – wobei der aktuelle Arbeitskräftemangel als Beschleuniger für mehr Geschlechtergerechtigkeit fungieren könnte.

Da es sich um den Zweijahreszeitraum 2020-2021 handelt, bezieht sich der Bericht auf den Zeitraum der Pandemie und – wie die Datenanalyse zeigt – färbte diese Ausnahmesituation teilweise auch auf die Ergebnisse ab.

„Diese zeigen bezüglich des Geschlechterverhältnisses eine Realität, die leider nicht viel anders ist als die, die in früheren Berichten beschrieben wurde: Frauen sind immer noch benachteiligt und in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Obwohl 43,3 Prozent des gesamten Personals Frauen sind, liegt der Anteil der weiblichen Führungskräfte bei nur 10,1 Prozent", hob Gleichstellungsrätin Michela Morandini bei der Präsentation des Berichts hervor.

Die vertikale Segregation und die „gläserne Decke", die Frauen den Zugang zu Führungspositionen erschweren, bestehen also fort. „Es kann festgestellt werden, dass die Familien- und Pflegebetreuung immer noch vorwiegend als weibliche Aufgabe angesehen wird. Dies bezeugt der Umstand, dass 83,5 Prozent der Beschäftigten mit unbefristetem Teilzeitvertrag Frauen sind. Der Wartestand wegen Vaterschaft oder Mutterschaft wird eben-

falls mehrheitlich von Frauen in Anspruch genommen“, unterstrich AFI-Forscherin Aline Lupa. Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass neben der vertikalen Segregation auch eine starke horizontale Segregation festzustellen ist: In einigen Branchen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert.

Bezogen auf die Art der Arbeitsverhältnisse befinden sich Frauen eher als Männer in unsicheren oder prekären Beschäftigungsverhältnissen: Von allen unbefristeten Verträgen entfallen 58,2 Prozent auf Männer und 41,8 Prozent auf Frauen.

Ein Abschnitt des Berichts befasst sich mit dem Wartestand wegen Vaterschaft- und Mutterschaft. Hier fällt auf, dass die Anzahl der Väter in Vaterschaft im Vergleich zu den Biennien vor der Pandemie gestiegen ist: Im analysierten Zeitraum waren von all jenen, die Mutter- bzw. Vaterschaft beantragt haben, 63,6 Prozent Frauen und 36,4 Prozent Männer. Im vorherigen Biennium waren es 92,2 Prozent Frauen und 7,8 Prozent Männer.

Erstmals enthält der Fragebogen Informationen zu den Maßnahmen, die von den Unternehmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergriffen wurden. Am weitesten verbreitet in den Unternehmen ist die Gleitzeit, gefolgt vom Arbeitszeitkonto und dem Homeoffice. Dagegen werden Leistungen, die in Zusammenhang mit der Kinderbetreuung stehen, nur von 19,3 Prozent der Unternehmen angeboten. Was das Arbeiten im Homeoffice betrifft, ist anzumerken, dass das Biennium 2020-2021 maßgeblich von der Coronapandemie geprägt war. „Die Kontakteinschränkungen während der Lockdowns haben die Zahl von Mitarbeitenden im Homeoffice sprunghaft angehoben, und auch das Verhältnis ist relativ ausgewogen“, erklärte AFI-Direktor Stefan Perini. Ein deutlicherer Unterschied ist dagegen bei Führungskräften festzustellen: 13,9 Prozent der weiblichen Führungskräfte hatten von zu Hause gearbeitet, gegenüber 8,4 Prozent der männlichen Führungskräfte.

Ein historischer Vergleich mit früheren Berichten war – wegen der unterschiedlichen Gesamtstichproben – nur für eine einheitliche Stichprobe von 77 Unternehmen möglich. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die verschiedenen Sektoren mit einem oder mehreren geschlechtsspezifischen Merkmalen allmählich für das unterrepräsentierte Geschlecht öffnen. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzt und zu einer Verringerung der horizontalen Segregation führt.

Die Ergebnisse des Berichts ermöglichen eine Diskussion über notwendige Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit. „Notwendig ist ein ganzheitlicher Ansatz, der drei Ebenen in Synergie bringt: gesellschaftliche/politische Rahmenbedingungen, unternehmerische Aspekte sowie ein Familienmodell, das durch die Aufteilung der Rollen charakterisiert ist. Ein wichtiges Instrument für Südtirol ist der Gleichstellungsaktionsplan, der vom Landesbeirat für Chancengleichheit für Frauen und vom Frauenbüro der Autonomen Provinz Bozen in Auftrag gegeben wurde. Dieser wurde nach einem partizipativen Prozess im September 2023 vorgelegt, um dieses Ziel anzustreben und entsprechende Maßnahmen vorzusehen“, so Gleichstellungsrätin Morandini abschließend.

GSR

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