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Kinder und Jugendliche mit Behinderungen: Barrierefreiheit und Teilhabe fördern

Anlässlich des am 3. Dezember stattfindenden Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen wurden am heutigen Freitag die Ergebnisse eines wissenschaftlichen Projekts zu „Partizipation und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Südtirol“ und daraus resultierende Forderungen vorgestellt. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Monitoringausschusses, der Kinder- und Jugendanwaltschaft sowie des Kompetenzzentrums für Inklusion im Bildungsbereich der Freien Universität Bozen


Der Südtiroler Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft und dem Kompetenzzentrum für Inklusion im Bildungsbereich der Freien Universität Bozen ein wissenschaftliches Projekt zum Thema Partizipation und Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Südtirol durchgeführt.

Erste Ergebnisse, u.a. eine unzureichende barrierefreie Erreichbarkeit und Nutzung von Schulen und Freizeit-Orten, sowie daraus resultierende Forderungen wurden am Freitagvormittag im Palais Widmann in Bozen anlässlich des am 3. Dezember stattfindenden Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen vorgestellt.

Landtagspräsident Josef Noggler hob zum Auftakt der Veranstaltung hervor, dass Projekte wie dieses auch in Zukunft auf allen Ebenen gefördert werden müssten. „Das Ziel muss sein, dass alle Menschen die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben, egal ob in der Schule, im gesellschaftlichen Leben oder später im Erwachsenenalter auf dem Arbeitsmarkt“, so Noggler, der seine Grußworte mit einem Zitat des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker schloss: „Glück empfinden zu können, ist eine Fähigkeit, die Menschen mit und ohne Behinderung verbindet.“

„Wir müssen die Menschen, die Kinder, die Familien fragen, was sie konkret brauchen, wir müssen ihnen zuhören und sie schon frühzeitig in die Planung von Angeboten und Diensten einbeziehen. Denn wir gestalten mit ihnen und für sie. Daher ist dieses Projekt ist ein sehr wichtiges, denn nur wenn wir wissen, was Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in den Bereichen Schule und Freizeit möchten, können wir die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen. Ich danke darum dem Südtiroler Monitoringausschuss und der Kinder- und Jugendanwaltschaft für diese tolle Initiative“, betont Waltraud Deeg, Landesrätin für Familie, Senioren, Soziales und Wohnbau.

„Bei den Ergebnissen, die von einer Arbeitsgruppe des Monitoringausschusses, der Kinder- und Jugendanwaltschaft und des Kompetenzzentrums für Inklusion im Bildungsbereich analysiert wurden, haben sich mehrere wichtige Themenbereiche herauskristallisiert, darunter die unzureichende barrierefreie Erreichbarkeit und Nutzung von Schulen und Freizeit-Orten sowie der Eindruck, dass bei Teilhabe sowohl im Schulleben als auch in der Freizeit noch deutliches Verbesserungspotenzial vorhanden ist“, betonten Michela Morandini, Vorsitzende des Südtiroler Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, und Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller unisono.

Das wissenschaftliche Projekt setzt sich aus zwei Teilen zusammen, für den ersten Teil wurden Einzelinterviews mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen im Alter von 9 bis 18 Jahren zum Thema Teilhabe und Partizipation in den Bereichen Schule und Freizeit geführt. Die Interviews wurden von Studentinnen des Magisterstudiengangs in Bildungswissenschaften für den Primarbereich an der unibz unter der Koordination von Heidrun Demo, Professorin am Kompetenzzentrum für Inklusion im Bildungsbereich und Fachexpertin im Monitoringausschuss, sowie Anna Frizzarin, Forschungsassistentin am Kompetenzzentrum, geführt.

Der zweite Teil des Wissenschaftsprojekts war ein Online-Fragebogen, der vom Monitoringausschuss unter Supervision von Renate Heissl, Lehrbeauftragte an der Fakultät für Bildungswissenschaften der unibz und Fachexpertin im Monitoringausschuss, ausgearbeitet wurde. Mit diesem wurde die Sichtweise von Familienangehörigen von Betroffenen abgefragt.

Professorin Simone Seitz, Direktorin des Kompetenzzentrums für Inklusion im Bildungsbereich der Freien Universität Bozen, zufolge „werden in der Sozialforschung Kinder und Jugendliche immer noch viel zu selten nach ihren Sichtweisen und Erfahrungen gefragt. Zwar ist man sich auf der theoretischen Ebene einig, dass sie in Bezug auf ihre Lebenswirklichkeiten auskunftsfähige Expert: innen sind, dennoch wird in der Forschung nur zögerlich umgesetzt, was hier realisiert wurde: Die Sichtweisen der Adressat:innen des politischen und beruflichen Handelns im Sozial- und Bildungsbereich erhalten Eingang in das wissenschaftliche Wissen und finden politisches Gehör. Damit steht diese Studie beispielhaft für den Forschungsstil des Kompetenzzentrums, der sich nicht im abgeschlossenen Elfenbeinturm vollzieht, sondern in Kommunikation mit Praxis und Politik und in Orientierung an den Rechten und Belangen von Kindern und Jugendlichen.“

Aus den Anliegen der Kinder und Jugendlichen sowie der Familienangehörigen wurden Schwerpunkte ermittelt, aus denen Forderungen an die Politik sowohl für den Schul- als auch für den Freizeitbereich herausgearbeitet wurden. „Unter den Forderungen im Bereich Schule sind besonders die Gewährleistung eines qualitativen und inklusiven Unterrichts in allen Bildungsstufen und die Förderung von Gelegenheiten zur Information für eine stärkere Sensibilisierung in der Schule zum Thema Inklusion hervorzuheben“, erklärt Monitoringausschuss-Vorsitzende Morandini. „Für den Bereich Freizeit von Bedeutung sind dagegen die Forderung eines kapillaren Ausbaus der Freizeitangebot im ländlichen Gebiet sowie die Forderung in Bezug auf die Förderung von inklusiven und bedürfnisgerechten Angeboten“, ergänzt Kinder und Jugendanwältin Höller.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es sowohl im Schul- als auch im Freizeitbereich noch einiges zu tun gibt. Inklusion, gerade für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung, muss gelingen. Die Politik, aber auch die Gesellschaft als Ganzes ist gefragt. Ausgehend vom Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der UN-Kinderrechtskonvention müssen angemessene Maßnahmen überlegt und dann auch umgesetzt werden, damit alle jungen Menschen ein größtmögliches Ausmaß an Autonomie und Selbstbestimmung erreichen sowie ein würdevolles Leben führen können,“ unterstreicht Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller.

„Die nächsten konkreten Schritte bestehen nun darin, die Forderungen an die politischen Verantwortlichen zu stellen“, so die Vorsitzende des Südtiroler Monitoringausschusses Michela Morandini.

Infomaterial zum wissenschaftlichen Projekt sowie die PowerPoint-Präsentation (inklusive der gesamten neun Forderungen an die Politik) finden sich unter folgendem Link: https://tinyurl.com/47en6k29.

MoAu/GSR

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