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Plenarsitzung - Gesetzentwurf zur Direkten Demokratie, Artikeldebatte (1)

Debatte über das Büro für politische Bildung, Minderheitenschutz, Unterschriftenzahl und Bürgerrat

Art. 1 enthält die Begriffsbestimmung.
Brigitte Foppa wollte das Büro für politische Bildung in der Zuständigkeit des Landtags, nicht des Präsidiums, denn dieses sei kein politisch ausgewogenes Gremium. Alessandro Urzì warnte vor Indoktrinierung und zweifelte an der Aussage LH Kompatschers, dass er nicht an der Novelle mitgearbeitet habe. Dieser habe erst jetzt bemerkt, dass man seinen damaligen Kompromiss mit dem PD über den Haufen werfen wolle.
Ein Antrag Nogglers mit einer sprachlichen Korrektur (“Bürgerinnen und Bürger” statt “Personen”) wurde angenommen, der Antrag Foppas abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 18 Ja, 7 Nein und 9 Enthaltungen genehmigt.

Art. 2 zum Einleitungsantrag wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 3 enthält inhaltliche Schranken.
Brigitte Foppa beantragte die Streichung des Absatzes, der Bestimmungen zu Rechten und Schutz der Sprachgruppen vom Volksentscheid ausnehmen. Nogglers Entwurf schwäche die bisherige Bestimmung. Wenn die Rechte einer Sprachgruppe in Gefahr seien, sollte dies von der Vertretung der Sprachgruppe im Landtag aufs Tapet gebracht werden können. Alessandro Urzì, der die Streichung von Abs. 2 verlangte, bat die italienischen Vertreter in der Landesregierung um Stellungnahme. Abs. 2 schaffe zwei Sicherheitsklauseln für die Sprachgruppen ab. Es sei paradox, wenn eine Schutzklausel für die Italiener, die vom PD eingeführt wurde, nun von Mitte-Rechts abgeschafft werde. Carlo Vettori erinnerte daran, dass es zu dieser Materie eine Verfassungsbestimmung gebe, das Statut, und das könne von diesem Gesetz nicht ausgehebelt werden. Es stimme nicht, dass man diesen Schutz abschaffen wolle, erklärte LH Kompatscher, die Kommission, die die Zulässigkeit des Referendums prüfe, habe auch diesen Aspekt zu prüfen. Sandro Repetto erinnerte daran, dass die von Bizzo und Tommasini eingeführte Klausel die Zustimmung des Gesetzgebungsamtes hatte, und riet deshalb zur Streichung des Artikels. Andreas Leiter Reber betonte, dass der Schutz der Sprachgruppen eine Säule der Autonomie sei. Wenn es mehr Reife und Übung bei der Direkten Demokratie geben werde, könne man auch hier über eine Öffnung nachdenken, aber nun sollte der Schutz bleiben. Gert Lanz verteidigte die neue Formulierung, die nur mehr von Sprachgruppen rede und nicht mehr von sozialen oder ethnischen Minderheiten, weil letztere erst rechtlich zu definieren seien. Riccardo Dello Sbarba betonte, dass es Rechte gebe, die nicht Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung sein dürften. Auch für den Landtag seien solche Klauseln vorgesehen. Die ethnischen und sozialen Minderheiten sollten in der Schutzbestimmung bleiben. Alle Minderheiten seien in gewisser Weise schutzbedürftig, nicht nur die traditionellen, im Sinne der Verfassung und der EU-Charta der Menschenrechte. Das Problem liege in der Definition der sozialen Minderheit, erwiderte Gert Lanz. Auch die 10 reichsten Südtiroler könnten als solche gesehen werden. Abs. 2 und 3 in Art. 4 des geltenden Gesetzes, die nun abgeschafft würden, seien im Widerspruch zueinander: Der eine sehe die politische Kontrolle vor, der andere die rechtliche. Die Blonden seien sicher keine soziale Minderheit, entgegnete Riccardo Dello Sbarba, es gehe um diskriminierte Gruppen. LH Arno Kompatscher meinte, man hätte sich die Debatte sparen können; die Verfassung und das Staatsgesetz würden bereits festlegen, was nicht Gegenstand eines Referendums sein dürfe. Auch eine Abstimmung über die Rechte einer diskriminierten Gruppe wäre verfassungswidrig. Wie in allen anderen Regionen prüfe eine Juristenkommission, ob eine Abstimmungsfrage rechtlich zulässig ist.
Die Streichungsanträge wurden abgelehnt.
Art. 3 wurde mit 21 Ja, 11 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.

Art. 4 sieht ein Gutachten zur Fragestellung (durch das Büro für politische Bildung) vor.
Alessandro Urzì forderte die Streichung des Artikels, da er die Unabhängigkeit eines Büros in Frage stelle, das bei einer Einrichtung unter politischem Einfluss angesiedelt sei. Brigitte Foppa hegte ebenfalls Zweifel: Das Büro berate überdies bereits der Erstellung der Frage. Auch Alex Ploner zeigte sich verwundert. Josef Noggler zeigte sich mit einer Streichung des Artikels einverstanden, wenn die Abgeordneten der Meinung seien, dass die Bestimmung das Verfahren komplizierter mache.
Der Streichungsantrag Urzìs wurde angenommen (32 Ja, 1 Nein), der Artikel dadurch gestrichen.

Art. 5 zur Kommission für die Abwicklung von Volksabstimmungen wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 6 regelt die Überprüfung der Zulässigkeit.
Alex Ploner schlug einen Zusatz vor: Die Einreichung der Anträge solle vom Landespresseamt veröffentlicht werden, zusammen mit Kontaktdaten und entsprechender Webseite. Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 22 Ja und 12 Enthaltungen genehmigt.

Art. 7 betrifft Sammlung und Hinterlegung der Unterschriften.
Myriam Atz Tammerle beantragte die Senkung der Unterschriftenzahl von 13.000 auf 8.000, die Einführung des elektronischen Sammelsystems, das die Landesregierung binnen drei Monaten regeln soll. Die Identifizierung solle durch Mittel wie SPID erfolgen, eventuell auch durch ein einfaches System wie in Österreich. Die handschriftlich abgegebenen Unterschriften sollen in das digitale System eingefügt werden. Alex Ploner forderte eine Senkung der Unterschriftenzahl: 2.500 beim Volksbegehren, 5.000 für die beratendem 8.000 für die aufhebende, einführende oder bestätigende Volksabstimmung. Wenn für ein Vollmandat rund 8.000 Stimmen nötig seien - und 1 Abgeordneter ein Gesetz einreichen könne -, so sollte das auch bei der Volksinitiative das Maß sein. Damit unterstütze man auch Minderheiten, die sich sonst schwer täten, an die Öffentlichkeit zu dringen. Brigitte Foppa befürwortete die Änderungsanträge, forderte jedoch auch den Bezug auf das bestätigende Referendum, das ja noch nicht aus dem Gesetz gestrichen sei.
Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 18 Ja, 13 Nein und 3 Enthaltungen genehmigt.

Art. 8 betrifft die Überprüfung der Durchführbarkeit. wurde ohne Debatte genehmigt, ebenso Art. 9 zur Anberaumung der Volksabstimmung und Fristen, Art. 11 zur Sammlung und Hinterlegung der Unterschriften (Art. 11 war bereits im Gesetzgebungsausschuss gestrichen worden).

Art. 12 betrifft den Bürgerrat.
Brigitte Foppa kritisierte die große Macht, die dem Landtagspräsidium mit dieser neuen Fassung eingeräumt werde. Laut dieser müsse das Thema mit der Landesgesetzgebung zu tun habe; das sei zu eng gesetzt. Es gebe wichtige Themen, die nicht oder noch nicht von der Landesgesetzgebung geregelt seien. Außerdem sollte der Bürgerrat am Ende einen Bericht erstellen und den Abgeordneten übermitteln. Magdalena Amhof berichtete, dass ihre Fraktion entschieden habe, den ersten Antrag Foppas anzunehmen. Alex Ploner bemängelte, dass in der neuen Fassung kein Ziel für den Bürgerrat angegeben werde. Das sei nicht motivierend für angehende Bürgerräte. Josef Noggler sprach sich für beide Anträge Foppas aus. Der Bürgerrat sei ein beratendes Gremium, die Zuständigkeit könne per Durchführungsbestimmung etwas erweitert werden.
Foppas Anträge wurden angenommen.
Gert Lanz wies darauf hin, dass der Bericht des Bürgerrats, der nun eingeführt wurde, in der Durchführungsverordnung geregelt werden müsse.
Der Artikel wurde mit 27 Ja und 7 Enthaltungen genehmigt.

Die Arbeiten werden heute Abend fortgesetzt.

AM

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