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Selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung – ein verbrieftes Recht

Auf Initiative des Monitoringausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderung wurde in Bozen eine Tagung zum selbstbestimmten Leben abgehalten, mit einer Bestandserhebung für Südtirol und Verbesserungsvorschlägen. Ausschussvorsitzende Morandini: „De-Institutionalisierung des Wohnens und persönliche Assistenz sind der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben.“

Damit alle die Tagung verfolgen können: Gebärdensprache und Visualisierung der Reden

Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf autonomes und selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung: Wie dieser legitime Wunsch umzusetzen ist, war Thema der heutigen Tagung „Selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung – Beispiele und Modelle zur Umsetzung in Südtirol“, die vom Monitoringausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderung ausgerichtet wurde. Der Einladung des Monitoringausschusses – mit der Vorsitzenden Michela Morandini sowie Andreas Lanthaler, Julia Maria Binantzer, Martin Achmüller und Sergio Piccinelli – sind über 120 Personen gefolgt, teils selbst Menschen mit Behinderung, teils ngehörige.

Laut Art. 19 der Un-Konvention haben alle Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht, mit denselben Möglichkeiten wie andere Menschen zu wählen, wie sie in der Gemeinschaft leben möchten. Das heißt, dass die Vertragsstaaten sicherstellen müssen, dass Menschen mit Behinderungen wählen und entscheiden können, wo und mit wem sie leben möchten, den gleichen Zugang zu Dienstleistungen und Einrichtungen und zu gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen wie andere Menschen erhalten.

Wie Gleichstellungsrätin Michela Morandini berichtete, gibt es in Südtirol derzeit fünf Wohnmodelle: öffentliche Wohnheime/Wohngemeinschaften/Trainingswohnungen, Wohnen mit der Ursprungsfamilie oder bei Verwandten, Privatwohnung, WOBI-Wohnung und Wohnmöglichkeiten von Verbänden und Vereinen. Von 11.000 Menschen mit Behinderung (und 45.000 Zivilinvaliden), die meisten im Alter zwischen 45 und 59, nutzen rund 1.400 stationäre Dienste, 227 leben in Institutswohnungen, und nur 12 nehmen den Beitrag für selbstbestimmtes Leben in Anspruch. Diese Bestandsaufnahme und die Vorschläge, die der Monitoringausschuss in diesem Jahr gesammelt hat, werden dem Landtag und der Landesregierung in den nächsten Monaten vorgestellt, damit weitere Schritte gesetzt werden können, um Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

„Ein brennendes Thema“, meinte Landeshauptmann Arno Kompatscher und wies auf die Bedeutung von Beratung und Begleitung hin, um dieses Recht gewährleisten zu können. Soziallandesrätin Martha Stocker, der für ihre Unterstützung des Ausschusses und seiner Anliegen gedankt wurde, zeigte die Fortschritte bei der Umsetzung des Landesgesetzes zur Inklusion von Menschen mit Behinderung auf, aber auch die Schritte, die noch zu tun sind.

Individuelles Wohnen ist bei Menschen mit Behinderung sehr gefragt, aber die Auswahl ist hier noch eingeschränkt. Um dem zu begegnen, setzt man auf eine De-Institutionalisierung des Wohnens: Statt in Heimen und Wohneinrichtungen sollen Menschen mit Behinderungen so wohnen wie alle anderen Menschen auch. Dazu braucht es eine stärkere Unterstützung von Gemeinschaften und Gemeinden, barrierefreie Wohn- und Lebenszonen, einen leichteren Zugang zum persönlichen Budget und zur persönlichen Betreuung.

Gertraud Kremsner von der Uni Wien, Expertin für inklusive Pädagogik, zeigte in ihrem Vortrag zur De-Institutionalisierung auf, dass immer mehr Menschen mit Behinderung selbständig und nicht mehr in Heimen wohnen wollen, welche Unterstützung es dazu braucht und we3r sie bieten kann. Christine Riegler, die an der Uni Innsbruck ebenfalls im Lehr- und Forschungsbereich „Inklusive Pädagogik“ arbeitet, ging in ihrem Referat auf die Bedeutung der Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben und für eine Teilhabe an der Gesellschaft ein.

Alle Beiträge bei dieser Tagung wurden deutsch-italienisch simultanübersetzt, auch in Gebärdensprache vorgetragen und in Schrift auf Bildschirmen übertragen, um Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen die Teilnahme zu ermöglichen.

AM

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