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Plenarsitzung - Gesetz zum öffentlichen und sozialen Wohnbau verabschiedet

Mit 19 Ja, 10 Nein und 2 Enthaltungen. Diskussion zu Straftaten als Hinderungsgrund für eine WOBI-Wohnung. Die Artikeldebatte und die Erklärungen zur Stimmabgabe.

Am Nachmittag wurde die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 104/21: „Öffentlicher und sozialer Wohnbau“ und Änderung des Landesgesetzes vom 17. Dezember 1998, Nr. 13, „Wohnbauförderungsgesetz“ (LR Deeg) wieder aufgenommen.

Art. 13 enthält Voraussetzungen und Vorzugskriterien zur Wohnungsvergabe.
Brigitte Foppa (Grüne) zog ihre Änderungsanträge zum Artikel zurück. Rita Mattei (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) legte drei Änderungsanträge vor. Personen, die die Zahlung der Miete für die derzeitige Wohnung nicht nachweisen können, darf demnach keine WOBI-Wohnung zugewiesen werden, außer der Zahlungsrückstand sei unverschuldet. Dies sei als Maßnahme gegen Mietnomaden gedacht. Ebenso sollte keine WOBI-Wohnung bekommen, wer wegen häuslicher Gewalt verurteilt wurde. Die Maßnahme betreffe aber nicht die Familienmitglieder des Antragstellers. Das Phänomen der häuslichen Gewalt nehme zu, erklärte Mattei, und man dürfe die Frauen nicht allein lassen. WOBI-Wohnungen sollten auch jenen verwehrt werden, die in den letzten fünf Jahren wegen nicht fahrlässiger Straftaten zu mehr als 5 Jahren Haft verurteilt wurden - auch von dieser Maßnahme seien die Familienmitglieder ausgenommen. Für solche Straftaten sehe das Staatsgesetz bereits den Verlust des passiven Wahlrechts vor. Es gebe bereits Fälle von Straftätern in Institutswohnungen, deren Verhalten ein Problem für das ganze Haus seien. Eine solche Regelung gebe es bereits in anderen Regionen.
Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) schätzte es, wenn die Lega sich verhalte, wie man es sich von ihr erwarte. Diese Änderungsanträge hätten auch von Matteis Kollegen in der Landesregierung vorgebracht werden können, aber vielleicht wollten sie den Eindruck vermeiden, es sei eine Regierungsinitiative. Wichtig sei das Prinzip, dass eine Straftat Folgen haben müsse. In diesem Fall gehe es z.B. um Straftaten gegen den Staat, Plünderung, Sklavenhalterei, Terrorismus, erschwerten Überfall, Besitz von Kriegswaffen, Mafiadelikte usw. Sandro Repetto (Demokratische Partei - Bürgerlisten) bezeichnete diese Vorschläge als Demagogie, sie seien für das WOBI unmöglich anzuwenden. Und das komme gerade von der Lega, die mit dem jüngsten Referendum das passive Wahlrecht für Straftäter wieder einführen wollte. Franz Ploner (Team K) stimmte dem zu, man würde ein soziales Desaster schaffen. Die Ausnahmebestimmung “unverschuldeter Zahlungsrückstand” sei unklar. Unhaltbar sei auch, dass diese Bestimmung greifen solle, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig sei. Auch Ploner erinnerte an das Lega-Referendum zum passiven Wahlrecht für Straftäter. Mit dieser Regelung würde z.B. eine arme Rentnerin, die mit den Mieten säumig sei, von der WOBI-Wohnung ausgeschlossen, kritisierte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Diese Vorschläge seien unausgereift, den Grund für diese Vorschläge verstehe er aber. Er erwarte sich auch eine Kontrolle bei den Mietbeihilfen. Alessandro Urzì warf der Linken vor, sich im Zweifel immer auf die Seite der Schurken zu stellen. Es gebe eine begrenzte Zahl von Wohnungen, und die Rechtschaffenen sollten den Vorzug haben. Giuliano Vettorato (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) stellte klar, dass die Änderungsanträge auch von ihm und Bessone unterzeichnet wurden und dass es unverschuldeter Zahlungsrückstand kein Ausschlussgrund sei. Das WOBI sei eine soziale Einrichtung, aber man müsse auch an den Schutz der rechtschaffenen WOBI-Mieter denken. Es gehe um Straftaten, für die 5 Jahre Haft vorgesehen sei, also keine Kleinigkeiten. Er sei nicht auf der Seite der Schurken, sondern der Gerechtigkeit, erklärte Sandro Repetto, er frage sich aber, wie das WOBI kontrollieren solle, aus welchem Grund ein Antragsteller in der alten Wohnung mit der Miete säumig gewesen sei. Manchmal werde die Kündigung wegen Säumigkeit vereinbart, um mehr Punkte zu erreichen, oder es wurde schwarz gezahlt. Hanspeter Staffler (Grüne) sah in diesen Anträgen eine “Bombe der Exklusion”. Der soziale Wohnbau sei nicht der verlängerte Arm der Justiz. Auch ehemalige Straftäter müssten irgendwo unterkommen. Brigitte Foppa kritisierte das Niveau der Debatte, das sie dem Koalitionspartner ankreidete. Das Recht auf Wohnung vom Verhalten abhängig zu machen, sei eine typisch rechte Einstellung. Sozialpolitik sei keine Erziehungsmaßnahme. Auch wer Fehler gemacht habe, habe bestimmte Rechte. LR Waltraud Deeg erklärte, dass man nicht einführen wolle, was nicht umsetzbar sei. Die unverschuldete Säumigkeit sei ein Rechtsbegriff, den der Staat zusammen mit einem Fonds für solche Fälle eingeführt habe. In Südtirol lasse man niemanden ohne soziale Unterstützung. Das WOBI baue und verwalte Wohnungen, nichts anderes, aber manche Wohnungen würden Caritas und anderen Einrichtungen überlassen für bestimmte soziale Maßnahmen.
Der erste Antrag von Mattei (Säumigkeit) wurde mit 20 Ja, 10 Nein und 1 Enthaltung angenommen. Der zweite Antrag wurde mit 19 Ja, 11 Nein angenommen, der dritte mit 6 Ja und 23 Nein und 1 Enthaltung abgelehnt.
Dies seien die Themen, mit denen die Lega dem Gesetz ihren Stempel aufdrücken wollte, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Die Frage der Säumigkeit hätte man auch anders lösen können, etwa mit einem Unterstützungsfonds. Er sah auch einen Widerspruch: Antrag 2, der auch nicht definitiv Verurteile ausschließe, sei angenommen worden, Antrag 3, der nur definitiv Verurteilte ausschließe, nicht. Alessandro Urzì erinnerte daran, dass sich seine Partei auch gegen das genannte Referendum ausgesprochen habe. Gemäß Foppas sozialistischem Weltbild müssten Rechtschaffene und Gesetzesbrecher gleichgestellt werden. Massimo Bessone (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) wehrte sich gegen Dello Sbarbas Bezeichnung “politischer Blödsinn” für die drei Anträge. Solche Regelungen gebe es auch in der Toskana und in den Abruzzen. Man wolle jene belohnen, die sich rechtschaffen verhalten. Man dürfe jemanden, der noch nicht rechtskräftig verurteilt sei, nicht ausschließen, kritisierte Franz Ploner. LR Waltraud Deeg erwiderte, dass dies auch in staatlichen Regelungen bei häuslicher Gewalt so gehandhabt werde.
Der Artikel wurde mit 18 Ja, 9 Nein und 1 Enthaltung genehmigt.

Art. 14 betrifft die Regelung der Mietverhältnisse.
Brigitte Foppa forderte unbefristete Zuweisungen und Mietverhältnisse. Ausnahmen sollten mit Durchführungsverordnung geregelt werden, die mit den Sozialpartnern abzusprechen seien. Eine Frist setze Familien unter Druck. Sandro Repetto unterstützte den Antrag, auch wegen der Einbindung der Sozialpartner. LR Waltraud Deeg wies darauf hin, dass eine Befristung bereits Praxis sei, für den Fall, dass die Einkommensgrenze überschritten werde. Nun würden die Verträge grundsätzlich befristet, seien aber verlängerbar. Die Durchführungsverordnung werde dem Gesetzgebungsausschuss vorgestellt und sei den Sozialpartnern bereits vorgestellt worden. Foppas Antrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 9 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.

Art. 15 zum Widerruf der Zuweisung wurde ohne Debatte genehmigt, ebenso Art. 16 zu Kontrollen und Sanktionen, Art. 17 zum Rekurs, Art. 18 zu Auf- und Abrundungen von Beträgen, Art. 19 mit Übergangsbestimmungen, Art. 20 mit Änderungen am bestehenden Gesetz, Art. 21 mit Übergangsbestimmungen, Art. 21-bis zur GIS, Art. 22 mit der Aufhebung geltender Bestimmungen, Art. 23 mit den Finanzbestimmungen und Art. 24 zum Inkrafttreten.

Erklärungen zur Stimmabgabe

Brigitte Foppa (Grüne) kündigte die Gegenstimme ihrer Fraktion an, auch wenn kleine Verbesserungen erreicht worden seien, so etwa zur Einbindung der Sozialpartner und zur Veröffentlichung der An- und Verkäufe durch das WOBI. Einiges habe sich in der Debatte aber noch verschlechtert, etwa die Betonung des Proporzes und besonders die Lega-Anträge, die soziales Wohnen zur Erziehungsmaßnahme machten. Die Bauprogramme und die Abstimmung mit der Raumordnung hingen noch in der Luft. Ein Bauprogramm sei die Voraussetzung, um einen sozialen Verdrängungskampf zu vermeiden.

Die Mangelnde Verbindung zur Raumordnung sei der Hauptgrund für die Ablehnung, erklärte Franz Ploner (Team K). Man habe viel zu viele Durchführungsbestimmungen und viel zu wenig Gesetz. Das Punktesystem sei überarbeitungsbedürftig, werde hier aber nicht geregelt. Der Verweis auf das Autonomiestatut sei inopportun. Man wisse nicht, wie der Mietzins festgelegt werde und wie der Bedarf erhoben werde. Es zeichne sich ein ähnliches Desaster ab wie mit dem Raumordnungsgesetz. Das Gesetz sei vage, unausgereift und garantiere kein leistbares Wohnen.

Sandro Repetto (Demokratische Partei - Bürgerlisten) sah den Versuch einer Neuordnung, aber es fehle die Verbindung mit dem Raumordnungsgesetz und mit dem verbliebenen Teil des bestehenden Wohnbaugesetzes. Der Bedarf an Mietwohnungen werde erkannt, aber es fehle eine Angabe, wie man zu bebaubaren Flächen kommen wolle. Der Verweis auf das Statut und die Anträge des Koalitionspartners entsprächen nicht dem realen Bedarf. Problematisch sei auch der Verweis auf die EEVE, während man bei anderen Maßnahmen auf staatliche Vermögensbewertungsintrumente setze.

Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) kritisierte, dass auch wesentliche Aspekte den Durchführungsverordnungen überlassen würden, auch die Definition der Mittelstandsförderung. Die Decke sei kurz, und wenn man neue Formen des Wohnens einführe, verschärfe sich der Konkurrenzkampf zu Lasten der Bedürftigen. Man dürfe nie vergessen, warum es dazu gekommen sei, dass die Wohnungen in Bozen unerschwinglich seien. Das seien Folgen des Protektionismus, der die Ausweisung neuer Bauzonen verhindere. Urzì kündigte Enthaltung an.

Der Landesrätin sei es nicht gelungen, eine Verbindung zwischen Bedarf und Angebot herzustellen, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Das sei vor allem in der Peripherie problematisch, die von Abwanderung bedroht sei. Dieses Gesetz regle nur einen Teil des Wohnbaus, die große Reform sei noch ausständig. Dazu sollte LR Deeg auch die vielen Vorschläge aus dem Landtag nutzen.

Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an die anfänglich schlechte Stimmung zu dem Gesetzentwurf. Aber es seien inzwischen, auch im Ausschuss, viele Anregungen aufgenommen worden. Sie finde es gut, dass für den sozialen Wohnbau ein eigenes Gesetz vorgesehen sei. Damit könne man neue Kategorien einbeziehen, eigene Wohnformen für die Jugend, man könne eine soziale Durchmischung erreichen. Bei der Regelung per Durchführungsverordnung gebe es Vor- und Nachteile, der Vorteil sei die Flexibilität.

Der Gesetzentwurf wurde mit 19 Ja, 10 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.

Anschließend wurde zum Landesgesetzentwurf Nr. 113/22: Regelung der Führungsstruktur des öffentlichen Landessystems und Ordnung der Südtiroler Landesverwaltung, übergegangen.

AM

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