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Plenarsitzung - Solidarität mit Katalonien, Coworking Spaces

Zwei Anträge der SVP angenommen. Februar-Sitzung beendet.

Beschlussantrag Nr. 205/19, Solidarität mit Katalonien (eingebracht vom Abg. Lanz am 11.11.2019): Der Südtiroler Landtag spricht der Bevölkerung der Region Katalonien in ihrem Bestreben nach umfassender Autonomie und größtmöglicher Selbstverwaltung erneut die volle Solidarität aus und fordert alle politischen Verantwortungsträger im Umgang mit der politischen Situation in Katalonien auf, • mit friedlichen und demokratischen Mitteln und im europäischen Geiste eine einvernehmliche politische Lösung für den Status der Region Katalonien zu klären; • sowie unter Berücksichtigung der besonderen politischen Umstände eine Lösung zu finden, um die Verhängung und jedenfalls die Vollstreckung von Haftstrafen zu Lasten der Aktivisten der Unabhängigkeitsbewegung zu vermeiden.
“Die politischen Vorkommnisse in Katalonien insbesondere seit dem Unabhängigkeitsreferendum haben nicht nur vor Ort zu anhaltenden Protesten und Demonstrationen geführt, sondern führten seitdem auch zu zahlreichen internationalen Interventionen und Solidaritätsbekundungen”, meinte Gerhard Lanz (SVP). “Auf dem Hintergrund unserer eigenen Südtiroler Geschichte und in der vollen Überzeugung, dass sich letztlich derartige schwerwiegende politische Krisen wie derzeit in Katalonien oder vormals in Südtirol nur auf dem Verhandlungswege einvernehmlich lösen lassen, sollte der Südtiroler Landtag den im April 2018 gefassten Beschluss erneuern.”
Manchmal kämen die Provokationen auch aus der Mehrheit, meinte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore - Fratelli d’Italia). Das sogenannte Unabhängigkeitsreferendum sei verfassungswidrig gewesen. Wenn man die Nichtwähler mitzähle, seien 60 Prozent dagegen gewesen. Katalonien sei das autonomste Land der Welt, mehr wäre Sezession. Der Antrag sei daher eine Provokation jener, die von Katalonien sprächen, aber an ein anderes Land dächten. Er sei eine Beleidigung eines anderen EU-Mitgliedsstaates.
Carlo Vettori (Alto Adige Autonomia) sah in dem Antrag alles andere als eine Provokation. Im Veneto und in der Lombardei habe man ähnliche Resolutionen verabschiedet, aber mit deutlicherer Wortwahl. Das Verhalten Spaniens, das eine demokratische Willensbekundung niederknüpple, sei eines demokratischen Staates nicht würdig. Diese faschistischen Aktionen dürfe man nicht dulden. (Alessandro Urzì präzisierte, dass die Resolution der Lombardei nur die Verhaftungen betreffe, nicht die Unabhängigkeit).
“Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung”, zitierte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) die UN-Menschenrechtserklärung. Kein Staat habe das Recht, ein Volk einzusperren, das gelte für Spanien wie für Italien. Derzeit sei die katalanische Parlamentspräsidentin im Gefängnis, weil sie eine Debatte zu diesem Thema zugelassen habe. Den Katalanen passiere heute dasselbe, was die Südtiroler unter dem Faschismus durchgemacht hätten. Südtirol habe die Pflicht, ihnen seine Solidarität auszusprechen.
Als überzeugter Europäer dürfe man nicht still sein, wenn in einem EU-Land Rechte mit Füßen getreten werden, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Den Katalanen sei aber nicht gedient, wenn ihnen Hilfe beim Ausbau ihrer Autonomie unterstütze und die Unabhängigkeit nicht erwähne.
Rita Mattei (Lega Salvini Alto Adige Südtirol) meinte, ohne tragbaren Kompromiss werde dieser kalte Krieg zwischen Madrid und Barcelona weitergehen. Was in Südtirol funktioniert habe, könne auch in Katalonien funktionieren. Ihre Fraktion trage daher den ersten Punkt des Antrags mit, werde sich zum zweiten aber der Stimme enthalten, nicht, weil man dagegen sei, sondern weil man Instrumentalisierungen in Zusammenhang mit anderen Separatisten vermeiden wolle.
Aus der Sicht der Katalanen wäre das Südtiroler Modell ein Rückschritt, meinte Myriam Atz Tammerle (STF), sie wollten die Unabhängigkeit. Das Selbstbestimmungsrecht stehe allen Völkern zu und dürfe nie vergessen werden. Auch Südtirol sollte diesen Weg gehen, friedlich und demokratisch.
LR Daniel Alfreider unterstützte den Antrag. Friedliche und demokratische Mittel seien zu unterstützen, denn sie führten zu konkreten Ergebnissen. Südtirol könne auf allen Ebenen und in allen Institutionen seien Beitrag leisten, damit es zu friedlichen Lösungen komme. Man dürfe nicht zusehen, wenn mit Knüppeln argumentiert werde.
Gerhard Lanz erinnerte Urzì daran, dass nicht er entscheide, was nützlich sei und was nicht. Das Selbstbestimmungsrecht sei ein Völkerrecht, aber es bedeute nicht automatisch Sezession. Dem Antrag gehe es um den Respekt vor demokratischen Prozessen. Den Einbringern gehe es um eine umfassende Autonomie, und damit gehe ein gewisser Grad an Unabhängigkeit einher. Die EU habe in solchen Fällen immer zurückhaltend reagiert. Nun sei man in einem demokratischen Prozess, mit dem sich die EU befassen müsse. Punkt 2 des Antrags habe keine Polarisierung im Sinn, er spreche sich für den Dialog aus.
Alessandro Urzì beantragte eine Vertagung der Abstimmung. LH Kompatscher habe ein Moratorium zu ethnisch provokanten Initiativen versprochen, er sollte bei der Abstimmung wenigstens dabei sein. Er selbst habe auf Anträge verzichtet, die andere provokant finden würden.
Sven Knoll beantragte separate Abstimmung zum Teil über Autonomie und Selbstverwaltung sowie namentliche Abstimmung. Dem schloss sich Andreas Leiter Reber an.
Gerhard Lanz sprach sich gegen eine Vertagung der Abstimmung aus. Zu einem Moratorium gebe es keinen Beschluss.
Riccardo Dello Sbarba forderte die getrennte Abstimmung der Absätze und meinte, das sei kein Antrag, das sei nichts. (Es entspannte sich in der Folge eine Debatte über Verfahrensfragen zur Abstimmung.)
Die Prämissen des Antrags wurden mit 17 Ja, 1 Nein und 4 Enthaltungen angenommen; 8 Abgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Der erste Absatz wurde mit 16 Ja, 1 Nein und 3 Enthaltungen angenommen, der Passus zu Autonomie und Selbstbestimmung mit 13 Ja.
Der zweite Absatz wurde mit 19 Ja, 1 Nein und 1 Enthaltung angenommen, der dritte mit 15 Ja, 1 Nein und 5 Enthaltungen (und bei 8 Nichtteilnehmern, wie bei den anderen Punkten).

Beschlussantrag Nr. 229/20: "Coworking Spaces" für Südtirols Dörfer (eingebracht von der Abg. Ladurner am 20.01.2020). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, - die Errichtung von „Coworking Spaces“, ggf. in Zusammenarbeit mit interessierten Südtiroler Gemeinden, zu fördern und zu unterstützen; - dafür im Zuge der verpflichtenden Leerstandserhebung im neuen Landesgesetz für Raum und Landschaft zu prüfen, ob und wo es leerstehende Landesliegenschaften gibt, die für „Coworking-Spaces“ in Dörfern genutzt werden könnten; - sowie in Absprache und Zusammenarbeit mit den Gemeinden Betriebe vor Ort ausfindig zu machen, die Büroräumlichkeiten als „Coworking Spaces“ zur Verfügung stellen könnten.
“Flexible Arbeitszeitmodelle sind die Zukunft des Arbeitsmarktes – global, und auch in Südtirol”, erklärte Jasmin Ladurner (SVP). “In jenen Bereichen, wo dies möglich ist, muss es unbedingt gefördert werden – sei es in der Privatwirtschaft, als auch in der Öffentlichen Verwaltung des Landes Südtirol. Gerade das sogenannte „Homeoffice“ bietet die Möglichkeit, sich die Arbeit – zumindest zeitweise – zuhause selbst zu gestalten. In diesem Zusammenhang sind sogenannte „Coworking Spaces“ eine innovative Infrastruktur. Dort werden Arbeitsplätze sowie die Infrastruktur (Netzwerk, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Tische usw.) zur Verfügung gestellt und eine freie, zeitlich flexible Nutzung dieser Infrastruktur ermöglicht. In Städten wie Bozen, Meran oder Bruneck gibt es eine solche Infrastruktur bereits. In den peripheren Gebieten und Dörfern ist weiterhin Bedarf vorhanden. Ein weiterer Vorteil von „Coworking Spaces“ in Südtirols Dörfern und Tälern ist die Reduzierung des Pendlerverkehrs. Ebenso können Gastgewerbe und Kaufleute vor Ort gestärkt werden. Südtirols Dörfer gewinnen durch „Coworking Spaces“ an Attraktivität, dem „BrainDrain” und der Abwanderung aus ländlichen Gebieten wird aktiv entgegengewirkt.”
Gerhard Lanz (SVP) begrüßte den Antrag. Man spreche immer von lokalen Kreisläufen, und hier habe man einen konkreten Ansatz dazu. Es würden bestehende Strukturen eingebunden und besser vernetzt. Solche Strukturen könnten auch viele Dörfer wieder beleben.
Helmut Tauber (SVP) verwies auf die Beispiele von großen Betrieben von Apple, die auch auf Coworking Spaces außerhalb der eigenen Zentren zurückgriffen. In Südtirol seien solche Modelle auf die Städte konzentriert, sie böten aber auch eine Chance für kleinere Gemeinden. Vor allem für Familien mit Teilzeitbedarf seien sie attraktiv.
In den letzten Tagen sei von den Medien der hohe Bedarf an neuen Arbeitskräften aufgegriffen worden, bemerkte LR Philipp Achammer, es gehe um 60.000 bis 2035. Das mache es notwendig, auch über neue Formen von Arbeit zu sprechen, wenn man sich nicht vom Fachkräftemangel überrollen lassen wolle. Unsere Betriebe würden das eh schon lange tun. Die heutigen Coworking Spaces in Südtirol seien zum Teil sehr erfolgreich, die meisten seien in den Städten zu finden, in den Landgemeinden bestehe noch Nachholbedarf. Laut einer Umfrage unter Landesbediensteten zur Arbeit daheim oder in Wohnungsnähe habe ein Viertel Interesse gezeigt. Die Initiative sei sinnvoll, man müsse sich aber genau anschauen, wo es sinnvoll sei.
Der Antrag wurde mit 18 Ja und 12 Enthaltungen angenommen.

Damit war die Februar-Session beendet.

AM

Februar-Sitzung

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